Rezension

Hommage an Miss Marple

Miss Marple -

Miss Marple
von Agatha Christie

Es muss ja nur irgendwo Agatha Christie draufstehen und schon ist meine potentielle Neugier geweckt. So auch in diesem Fall. Das vorliegende Buch enthält 12 Kurzgeschichten zeitgenössischer Autorinnen, die sich allesamt um die berühmte Senior-Detektivin Miss Marple drehen. Sie gilt ihres Zeichens als beliebteste weibliche Detektivfigur aller Zeiten. Für mich ist die fiktionale Gestalt fest mit dem Gesicht von Schauspielerin Margaret Rutherford verbunden. Sie hat Miss Marple in den S/W-Filmen der 60er ein für mich einzigartiges und unverwechselbares Gesicht gegeben. Andere Darstellerinnen sollen dem eigentlichen Bild von Agatha Christies Protagonistin zwar mehr entsprochen haben, aber ich mochte vor allem den komödiantischen Touch, den Rutherford der Rolle gegeben hat. So ist es eben auch ihr Gesicht und ihre Spielart, die ich beim Lesen der modernen Kurzgeschichten vor Augen hatte.
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Lucy Foley, Ruth Ware und Val McDermid haben jeweils eine Geschichte zu diesem Buch beigesteuert. Diese bekannten Namen waren es auch, die mich magisch zu dem Buch hingezogen haben. Die restlichen Autorinnen musste ich tatsächlich erst mal googeln. Kate Mosse z.B. ist bekannt für ihre historischen Romane, die Jugendbücher von Karen M. McManus kenne ich immerhin vom Sehen, Natalie Haynes widmet sich in ihren Büchern bekannten Mythen usw. Das ist schon ein sehr spannender Autorinnen-Mix, der hier zusammengeführt worden ist.
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Die neuen Geschichten spielen teilweise im beschaulichen englischen Örtchen St. Mary Mead. Es geht für Miss Marple aber auch nach New York, Hongkong und Neapel. Tatsächlich haben mir die Geschichten mit alt-englischem Flair am besten gefallen. Wenn sie dann, wie im Fall von “Der zweite Mord im Pfarrhaus” zum Beispiel, auch noch auf bekannte Agatha Christie-Klassiker angespielt haben, war ich besonders glücklich.
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Wer mich kennt weiß, dass ich nicht unbedingt ein glühender Fan von Kurzgeschichten bin. Und auch in dieser Sammlung hat mich nicht jede Geschichte gleichermaßen begeistert. Immerhin war der Einstieg “Das böse in kleinen Ortschaften” von Lucy Foley sehr gelungen. Im Verlauf war es ein Wechselspiel mit dem gut und weniger gut gefallen. Die Autorinnen konnten mit ihren Miss Marple-Interpretationen bei mir vor allem dann punkten, wenn sie den schrulligen Charakter der ermittelnden Seniorin und ihre Neugier in den Vordergrund gestellt haben. Auch mit Cosy Charme und Setting konnten sie mich einfangen. Bei anderen Short Stories kam dieses gewisse Flair für mich dagegen nicht rüber. Und manchmal hat mich auch einfach die Geschichte an sich oder ihr Aufbau nicht gecatcht.
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Fazit: Die neuen Kurzgeschichten um Miss Marple sind ein interessantes Projekt. Die Queen of Crime hat es auf jeden Fall verdient, dass man ihr und ihrer bekannten Ermittlerin die Ehre erweist. Alles in allem muss ich aber sagen, dass nichts an das Original rankommt. Miss Marple ist am besten, wenn sie in bekannten Krimis wie “16 Uhr 50 ab Paddington” oder “Der Wachsblumenstrauß" in voller Länge ermittelt und zur Geltung kommt. Die Neu-Interpretationen der Kultfigur machen aber deutlich, dass diese Krimi-Oma einfach nicht totzukriegen ist. Deshalb abschließend: Ein Hoch auf Miss Marple!