Rezension

Starker Auftakt

Sibirischer Wind - Ilja Albrecht

Sibirischer Wind
von Ilja Albrecht

Bewertet mit 4 Sternen

Start einer neuen Krimi - Reihe

Der 72-jährige Industriemagnat Friedrich Lautenschläger wird  erschossen am Wannsee aufgefunden. Der Profiler  Kiran Mendelsohn wird aus dem Urlaub geholt, um mit dem Hamburger "Haudegen" Bolko Blohm die Ermittlungen zu leiten.
Der Fall ist besonders brisant, da das Opfer nicht nur ökonomisch sondern auch politisch in einem Spannungsfeld zwischen Ost und West agierte. Wirtschaft und Schattenwirtschaft gingen quasi ineinander über, und die Grenzen zwischen legalen Geschäften und illegalen Machenschaften waren dabei fließend...

Mit Mendelsohn und Blohm erschuf  der Autor ein Ermittlerduo, das nur auf den ersten Blick dem bekannten Muster "Der Harte & der Zarte" folgt. Mendelsohn ist introvertiert, ein polyglotter  Vernunftmensch mit intellektuellen Zügen und Japan - Faible.
Blohm hingegen ist ein impulsiver "Haudegen", ein Bauchmensch, der intuitiv seinen Impulsen folgt.
Glücklicherweise werden diese Charakterunterschiede jedoch nicht in den Vordergrund gestellt und man bleibt von Kabbeleien à la Boerne und Thiel verschont.
Auch die anderen Figuren im Roman sind interessant, wenn auch nicht immer greifbar. Was nicht ist, kann aber in Bd. 2 noch werden. Ich fand es auch sehr erfrischend, dass nicht "Herzeleid" und private Probleme der Ermittler ins Zentrum gerückt wurden, sondern dass der Fall im Mittelpunkt der Handlung stand.
Mit grosser Liebe zum Detail feilt der Autor an story und setting, auch eine Art "Stammkneipe" wird eingeführt, die in den folgenden Teilen der Reihe sicher noch eine Rolle spielen wird.

Durch die Fokussierung auf die story bleibt nur leider die Spannung etwas auf der Strecke und der Mittelteil zieht sich etwas in die Länge.
Albrecht präsentiert einen Kriminalroman, der durch einen gehobenen Sprach - und Erzählstil zu überzeugen vermag; für meinen persönlichen Geschmack schrammt er jedoch stellenweise auch haarscharf am Dozieren vorbei.
Trotz dieser kleinen Schwächen konnte mich der Roman fesseln und mit unerwarteten Wendungen "punkten". Vorhersehbar ist "Sibirischer Wind" auf keinen Fall!
Ich habe quasi "Blut geleckt" und werde die Reihe weiter verfolgen, um zu erfahren, welches Trauma Kiran Mendelsohn verarbeiten muss...

Fazit: Starker Auftakt.
Ich spreche eine Leseempfehlung aus