Rezension

Eine echt wichtige Story!

Eine echt verrückte Story - Ned Vizzini

Eine echt verrückte Story
von Ned Vizzini

Es ist schon ein paar Tage her, dass ich „Eine echt verrückte Story“ gelesen habe, aber es geht mir immer noch im Kopf herum. Deswegen habe ich mich entschieden, eine Rezension zu diesem bewegenden Buch zu schreiben. Also, worum geht es in „Eine echt verrückte Story“?

Es geht um den 15-jährigen Craig, der an einer schweren Depression leidet und sich eines Nachts entschließt zu sterben. Es kommt jedoch dazu, dass Craig weiterlebt. Doch wie soll dieses Weiterleben auf Dauer aussehen, wird man nicht ohne weiteres von einer Depression geheilt?

„Eine echt verrückte Story“ trifft genau den richtigen Ton bei solch sensiblen Themen um psychische Erkrankungen, Depressionen und Suizid. Es ist kein belehrender Ratgeber sondern wirkt wie aus der Sicht eines Betroffenen.
Denn es ist aus der Sicht eines Betroffenen, wie ich nach Recherche herausgefunden habe.
Warum ich recherchiert habe? Weil ich während des Lesens gespürt habe, dass da jemand von Erfahrungen schreibt, von Erfahrungen schreiben muss. Denn kein Außenstehender kann sich derart hineindenken und einfühlen. Und an dieser Stelle wird „Eine echt verrückte Story“ für mich zu „Eine echt wichtige Story“. Ich kann mir vorstellen, dass es Betroffenen viel mehr hilft von jemandem zu hören, der gleiches durchmacht, als von einem Ratgeber oder einem Außenstehenden, der sich hineinzudenken versucht, die Gefühle und Gedanken aber in dieser Weise nie nachvollziehen könnte wie es ein tatsächlich Betroffener tut.
Ich habe „Eine echt verrückte Story“ als authentisch, einfühlsam, intensiv und ehrlich erlebt. Es ist glaubhaft und nachdenklich machend.

Außerdem: Das Thema des Buches mag sich vielleicht düster anhören und natürlich ist es keine leichte Kost, aber ich kann versichern, es wurde für so ein ernstes Thema erstaunlich – natürlich nur verhältnismäßig – locker und humorvoll umgesetzt. Der Protagonist erzählt ironisch und sarkastisch von sich und der Welt, wobei er sich selbst nicht so ernst nimmt. Aber der Autor nimmt seine Figuren ernst und begegnet ihnen auf Augenhöhe.

Es brauchte dieses Buch.
Denn es kritisiert auch die Gesellschaft. Diese Leistungsgesellschaft und den Druck, der durch sie ausgeübt wird. Und die Totschweigerei. Denn noch viel mehr Menschen sind an Depressionen erkrankt, trauen sich jedoch nicht, dies zu zeigen, weil sie es als Schwäche oder eigene Schuld begreifen. „Eine echt verrückte Story“ vermittelt das Gefühl, nicht allein oder abgesondert sein und zeigt, dass es mehr Betroffene gibt. Etwas, das von einer Gesellschaft, in der alle funktionieren müssen, verdrängt zu werden scheint.

„Eine echt verrückte Story“ klärt auch ein wenig über Depressionen auf und versucht die Ursachen und Symptome zu ergründen (körperliche Qualen, die durch das seelische Leiden entstehen, Angst zu versagen in extremer Form). Dabei ist es natürlich kein Buch mit psychischem oder medizinischem Schwerpunkt, sondern allen voran ein Jugendbuch, indem die Gefühle und Gedanken und allgemein die Probleme Heranwachsender im Vordergrund stehen.

Ich habe insgesamt viele neue Einsichten mitgenommen. Beispielsweise plädiert Ned Vizzini dafür, seinen Schmerz nicht zu unterdrücken und stattdessen so zu sein, wie man ist, ohne sich zwanghaft anzupassen. Auch, Entscheidungen für sein Leben zu treffen, die einem selbst guttun, ungeachtet der Chancen auf Erfolg.

„Eine echt verrückte Story“ ist bei seiner Thematik auch unglaublich Mut-machend, hoffnungsvoll, positiv und lebensbejahend. Und das ist des Buches großer Verdienst. Es zeigt – auf realistische Weise – wie das Leben mit Depressionen weitergehen kann und das es sich zu leben lohnt. Gleichzeitig verfällt Ned Vizzini nicht in Plattitüden. Sein Buch zeigt, wie ein junger Mann bereit fürs Leben wird und regt dazu an, das Leben zu wagen. Es vermittelt die Botschaft: „Entscheidet euch für das Richtige, für das Leben. Man kann damit klarkommen.“

Nun das Tragische.
Das, was er am Ende für seinen Protagonisten Craig erfindet, hat der Autor Ned Vizzini im echten Leben nicht geschafft. Er hat seine Depressionen nie überwunden und sich am 19. Dezember 2013 selbst getötet.
Verliert „Eine echt verrückte Story“ mit seiner Botschaft mit diesem Wissen an Wert, an Bedeutung?
Nein. Ganz und gar nicht.
Auch wenn Ned Vizzini es selbst nicht geschafft hat, trägt sein Buch dazu bei, dass andere es mit seiner Hilfe schaffen. Es tut viel zur Suizid-Prävention. Ich finde es beeindruckend, dass jemand, dem es selbst so schlecht geht, anderen Mut und Hoffnung vermittelt.

In einem Interview mit der Website „Strength of Us“ sagte Ned Vizzini: „Was ich mir wünsche: dass junge Erwachsene aus meinem Buch „Eine echt verrückte Story“ mitnehmen, dass sie bei Selbstmord-Gedanken eine Hotline anrufen. Solche Gedanken sind in Wirklichkeit ein medizinischer Notfall, und wenn mehr Leute von solche Hotlines wüssten, hätten wir weniger Selbstmorde.“
Ich hoffe und glaube, dass hat er mit seinem Buch erreicht.

Fazit: „Eine echt verrückte Story“ ist ein würdiges Denkmal und ein großer Verdienst eines früh verstorbenen Autors. Die Botschaft seines Buches ist unmissverständlich. Sie lautet: Lebe!