Rezension

Wunderschönes/r Kochbuch, Bildband und Sachbuch in einem

Das kulinarische Erbe der Alpen - Das Kochbuch - Dominik Flammer, Sylvan Müller

Das kulinarische Erbe der Alpen - Das Kochbuch
von Dominik Flammer Sylvan Müller

Die Alpen. Schon dem Namen wohnt ein gewisser Zauber inne, ein Versprechen von frischer Luft, saftigen Gräsern, gesunden Tieren, blauem Himmel. Ich verbinde mit den Alpen vor allem zwei Dinge: Berge, auf denen es sich herrlich Skifahren lässt und ein kulinarischer Reichtum, der genau meinem Geschmack entspricht. 

 

~*~ ~*~ ~*~ Aufmachung des Buches ~*~ ~*~ ~*~

Das Kulinarische Erbe der Alpen - Das Kochbuch ist einer von mehreren Bänden einer Serie, deren erster Band im Jahr 2012 erschien und sich vor allem kleinen, regionalen Produzenten widmete. Das Thema Regionalität wird in diesem Kochbuch fortgeführt. Zuerst als kurzlebiger Trend verschrien, hat die regionale Küche mit der Zeit immer mehr Bedeutung bekommen - für Produzenten wie auch Konsumenten. 

 

Dominik Flammer und Sylvan Müller erklären in ihrem ausführlichen Vorwort, dass Ziel dieses Kochbuches unter anderem sei, "anhand einiger Handvoll typischer und charakteristischer Produkte des Alpenraums einen Einblick in die Entwicklung der Kochtraditionen zu geben" (10). In meinen Augen ist ihnen dies in sehr umfassender Art und Weise gelungen. 

Das Kochbuch ist, anders als bei vielen anderen, nicht nach Tageszeit oder Zutat sortiert, sondern nach Köchen. Der Reihe präsentieren Köche aus verschiedenen Gegenden ihre alpine Küche. Die Brotrezepte werden von Getreidebauern und Hofbäckern vorgestellt, einige Gerichte von einem Schweizer Genusstrainer und die anderen von Köchen und Köchinnen aus Österreich, der Schweiz, Italien, Liechtenstein und Schweden. Mir gefällt, dass nicht einfach nur die Rezepte vorgestellt werden, sondern auch die Köche und Köchinnen und die Zutaten. Es gibt umfangreiche Berichte über Getreide, über Kohl, über Käse und einiges mehr, die auch im historischen Kontext vorgestellt werden. Das macht dieses Kochbuch so unglaublich informativ und abwechslungsreich. 

 

Auch nach den Rezepten ist dieses Kochbuch noch längst nicht zuende. Neben dem obligatorischen Rezeptregisert finden sich zudem noch einmal Texte zu allen KöchInnen, ein "Lexikon der alpinen Delikatessen", Bezugsadressen für die besonderen Zutaten wie Kletzenbrot, Zigerklee, Sisteron-Lamm, Schüttelbrot und einigem mehr. Auch ein Literaturverzeichnis und eine Erklärung der abgebildeten historischen Bilder fehlt nicht. 
 

Neben seinem Umfang und der Sorgfalt, mit der dieses Koch erstellt wurde, punktes es vor allem durch brilliante Food Fotos, auf denen das Essen rustikal, lecker und trotzdem künstlerisch aussieht. Es ist unverkennbar, dass die Zutaten von Profis angerichtet wurden, und trotzdem strahlen die Bilder eine gewisse Bodenständigkeit aus, die perfekt zum Thema Alpen passt. Wer dieses Buch nicht zum Nachkochen benutzen will, hat auch seine wahre Freude daran, es als informativen Bildband rund um die alpine Kulinarik zu betrachten. 
 

~*~ ~*~ ~*~ Rezepte ~*~ ~*~ ~*~

Die Rezepte sind - bis auf die Brote - eher aufwendig und ausgefallen. Sie sind etwas besonderes und keinesfalls für die daily Küche geeignet, sondern für besondere Anlässe mit besonderen Menschen. Das liegt zum Teil auch daran, dass viele Zutaten - trotz Bezugsadressen - schwer zu bekommen sind. Vor allem für jemanden, der fernab der Alpen lebt. 
Aus diesem Grund konnte ich mich beim Nachkochen nicht immer hundertprozentig an die Vorlage halten, habe aber versucht, so nah wie möglich dranzubleiben. 
Zuerst habe ich mich an Wollschweinbraten mit Dörrbohnen gewagt. Es braucht nicht allzu viele Zutaten. Kandierten Ingwer hatte ich noch aus der Weihnachtsbäckerei, Paradieskörner habe ich im Internet bekommen und mit dem Wollschwein hatte ich einfach Glück. Lediglich die Dörrbohnen konnte ich nicht finden und habe stattdessen auf grüne Brechbohnen zurückgegriffen. Das Fleisch braucht recht lange, da es drei Stunden garen muss. Ein prima Rezept also, wenn Gäste kommen, da man in der Wartezeit die Küche sauber machen und den Tisch decken kann. Ein sehr leckeres Rezept, das mir vor allem wegen des zarten Fleisches gefällt, das man nicht mehr schneiden braucht, da es auseinanderfällt. 

Das zweite Rezept war schon deutlich aufwendiger und extischer: Lammkaree mit Blumenkohl-Couscous, Vitelotte-Kartoffeln, Sellerieknolle und Rosenkohl (87). Hier sind sehr viele Einzelschritte zu beachten und es ist gar nicht so einfach, alles mit nur vier Herdplatten gleichzeitig gar zu bekommen. Allein sind die einzelnen Speisen ganz nett, doch zusammen als Gericht harmonieren sie auf eine ganz besondere Art. Es ist sehr kohllastig, was man mögen muss. Aber es gibt so viele Komponenten von verschiedener Konsistens. Der körnige Couscous, der weiche Sellerie (den ich in Ermangelung eines runden Keksausstechers als Simon's Cat ausgestochen habe), die knusprigen Kartoffeln und das zarte Fleisch. Ich glaube, wenn man eine Komponente wegließe, würde dem Gericht etwas fehlen. Ein wirklich außergewöhnliches, aufwendiges Essen, das wir nur zu zweit bewältigen konnten, das aber prima dazu geeignet ist, seine lieben Gäste zu verwöhnen. 

Weitere Gerichte, die ich bei Gelegenheit gerne für meine Gäste kochen würde, sind beispielsweise

Patate Verrayes, Randen und Geisskäse (111, eignet sich bestimmt prima als Vorspeise)
Sauerbraten vom Berghirsch mit Waldpilzen, Bucheckernöl und Fichtensprossen-Palatschinken (167, vielleicht zu Weihnachten)
Engelsüss-Risotto mit weissem Spargel (153)
Krebskavier mit Flusskrebsen auf Ziegenfrischkäse und Lardo, Hafewurz und Zuckerschote (135, ebenfalls eine außergewöhnliche Vorspeise)
Kartoffelpralinen mit Bergkäse-Speck-Füllung (69)

 

~*~ ~*~ ~*~ Fazit ~*~ ~*~ ~*~

Das kulinarische Erbe der Alpen - Das Kochbuch ist ein Buch, das Kochbuch, Bildband und Sachbuch in einem ist. Es entführt den Leser und Hobbykoch in die Geschichte der Kulinarik der Alpen und gibt gleichzeitig köstliche Einblicke in verschiedene Alpinen Küchen. Gerade der Mix aus verschiedenen Köchen aus verschiedenen Ländern macht die Rezepte so vielfältig und abwechslungsreich. Allerdings ist es nichts für die tägliche Küche, sondern nur etwas für besondere Gelegenheiten.  

4,5 von 5 Punkten 

Cover 1 Punkt, Rezepte 1 Punkt, Vielfalt 1 Punkt, Aufmamchung 1 Punkt, Preis-Leistung 1/2 Punkt 

~*~ AT Verlag~*~ 268 Seiten ~*~ ISBN: 978-3-038007463 ~*~ Gebundene Ausgabe mit Schutzumschlag ~*~ 23 x 31 cm ~*~ 2000 g ~*~ 59,90€ ~*~