Rezension

Interessante Thematik mit nicht so gutem Schreibstil

Menschen lesen - Joe Navarro

Menschen lesen
von Joe Navarro

Inhalt: Wie der Klappentext schon vorweg nimmt, beschäftigt sich Joe Navarro damit, seinem Leser die Körpersprache näher zu bringen und ihm somit zu ermöglichen sein Gegenüber besser zu verstehen. Aufgebaut ist das Buch nach Körperteilen bzw. Abschnitten. Er beginnt unten bei den Füßen und arbeitet sich entlang der Beine und des Rumpfes nach oben hin bis zum Gesicht und der Mimik. Dabei erklärt er was die einzelnen Bereiche des Körpers über unsere Gefühle aussagen und wie wir diese zu deuten haben. Zwischendurch bringt er Beispiele aus seinen Erfahrungen als FBI-Agent ein, um zu zeigen, wie wichtig es sein kann, die Körpersprache lesen zu können. Zu jedem Abschnitt gibt es Bilder, die die verschiedenen Bewegungen, Gestiken und Mimiken verbildlichen sollen. Die Beschriftungen dazu sind kurz und knackig. Zum Schluss eines jeden Kapitels, wird der gelernte Inhalt in Kurzform noch einmal zusammengefasst.

Meine Meinung: Bevor Navarro sich der eigentlichen Körpersprache widmet, erläutert er vorher kurz die naturwissenschaftlichen Grundlagen, die dahinter stecken - das Limbische System - Das fand ich ziemlich interessant. Auch zwischen den Zeilen findet man einige Aussagen, die ich jetzt nicht als Allgemeinwissen bezeichnen würde, die aber dennoch höchst interessant waren, auch wenn sie nicht unmittelbar etwas mit Körpersprache zu tun hatten. 
Die Kapitel wurden nach Körperteilen aufgeteilt, was für mich keine optimale Lösung war, da er dadurch quasi immer wieder das Gleiche erzählt hat. Ich hätte es sinniger gefunden, wenn er es nach den Emotionen aufgeteilt hätte. So hätte er einige Wiederholungen vermeiden können.
Es kam mir teilweise so vor, als wurden immer die gleichen Textpassagen für die Kapitel verwendet, nur dass die Körperteile ausgetauscht wurden. Manchmal sind die Formulierungen anders gewählt worden, aber der Inhalt blieb trotzdem der Gleiche. Zum Ende des Buches wurden diese Wiederholungen sogar enorm störend. Vor allem der Bezug zum Limbischen System, der Anfangs noch ziemlich interessant war, wird ständig wieder angesprochen. Langsam sollte man verstanden haben, dass alles was mit Körpersprache zu tun hat, auf dieses System zurück zu führen ist. Dazu muss ich aber auch sagen, dass die vielen Wiederholungen, wenn auch anstrengend und störend, geholfen haben sich die Dinge besser zu verinnerlichen.
Einige Dinge, die angesprochen wurden, hätten aber nicht sein müssen. Sie waren überflüssig, weil jeder, mit einem normalen Menschenverstand, weiß, das die Dinge so sind, wie sie sind. Dass, wenn wir zittern ebenfalls der Gegenstand, den wir dann in den Händen halten, zittert, muss ich nicht lesen das kann ich mir auch so denken. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung dazu und solche Beschreibungen kamen zum Schluss vermehrt vor. Ich hatte das Gefühl, als wäre das Thema abgeschlossen und man hat nur noch versucht, das Buch unnötig in die Länge zu ziehen, damit man so viele Seiten wie möglich rausholen kann. Das komplette Buch hätte um einiges kürzer sein können.

Joe Navarro spricht zudem oft von seinen Verhören, was meistens interessant, aber insgesamt zu viel war. Ich möchte schließlich keine Verbrechen aufdecken, sondern meine Mitmenschen besser verstehen. Da hat er etwas über die Stränge geschlagen. Damit einhergehend fand ich auch das letzte Kapitel, das sich mit der "Täuschung" beschäftigt, unnötig. Soweit, dass man eine Person einer Lüge bezichtigen kann, nur aufgrund der beobachteten Körpersignale - ist man noch lange nicht.
Leider nimmt das Buch generell immer weiter an Qualität ab, je mehr Seiten man liest. Navarro schweift öfter mal vom eigentlichen Thema ab. 
Zusätzlich zu den störenden Dingen, die ich eben genannt habe, wird das Lesen durch den vielen Input, den man erhält, ziemlich anstrengend. "Menschen Lesen" bietet sich definitiv nicht als Bettlektüre an, da man viel Konzentration und Aufmerksamkeit aufbringen muss. Es lässt sich auch nicht in einem Rutsch durchlesen. Zwischen den einzelnen Kapiteln, sollte man eine kleine Pause einlegen, um die gelernten Inhalte besser verarbeiten zu können.
Natürlich kann man nach einem einzigen Buch und ohne Übung seine Mitmenschen nicht "lesen". Es schärft allerdings die eigenen Sinne bzw. die Aufmerksamkeit und man achtet auf bestimmte Signale, wenn man die Menschen um einen herum "beobachtet". Wie Navarro auch oftmals betont, benötigt es viel Zeit, Übung und Geduld, bis man wirklich in der Lage ist, die Körpersprache zu deuten.

Fazit:
Zusammenfassend muss man ganz klar sagen, dass es sich hierbei um kein literarisches Meisterwerk handelt. Der Schreibstil ist wahrhaftig keine Glanzleistung. Dennoch ist die Thematik ziemlich interessant und man nimmt wertvolle Tipps mit. Als Einstieg in das Verstehen der Körpersprache war das Buch, trotz der vielen Kritikpunkte, recht gut.