Rezension

Zu Unrecht in Vergessenheit geratener Jugendbuchklassiker

Caddie Woodlawn - Carol Ryrie Brink

Caddie Woodlawn
von Carol Ryrie Brink

Bewertet mit 4 Sternen

Die 11jährige Carolina Augusta, von allen nur "Caddie" genannt, lebt mit ihren Eltern und den sechs Geschwistern auf einer Farm im ländlichen Dunnville, Wisconsin. Um Caddies schlechten Gesundheitszustandes zu verbessern, setzt ihr Vater durch, dass Caddie genauso frei aufwachsen darf wie ihre Brüder, während ihre Schwestern gemäß den damaligen Vorstellungen erzogen werden, was Mädchen zu tun und zu lassen haben. Ergebnis ist, dass Caddie bald kerngesund ist - und ihre Mutter nicht immer glücklich über ihr "undamenhaftes" Verhalten. Die Woodlawn-Kinder wachsen als frühe Siedler in aufregenden Zeiten auf: Überfälle durch Indianer, Präriebrand, Unfälle beim Eislaufen... Weitere Abenteuer stehen Caddie und ihren Geschwistern bevor, als ihre wohlerzogene Cousine Annabelle aus Boston zu Besuch kommt oder ihr Vater eine geheimnisvolle Nachricht aus England erhält, die von einer Erbschaft handelt.

Carol Ryrie Brink wurde 1895 in Moscow, Idaho (USA) geboren. Sie verlor früh ihre Eltern; nach dem Tod des Vaters und dem Suizid der Mutter wuchs die 8jährige bei ihrer Großmutter und unverheirateten Tante auf. Die Großmutter war das Vorbild für "Caddie Woodlwan", wofür Carol Ryrie Brink 1936 mit der Newbery Medal, einem wichtigen amerikanischen Kinderbuchpreis ausgezeichnet wurde. Carol Ryrie Brink hat insgesamt über 30 Bücher für Kinder und Erwachsene veröffentlicht. Sie starb 1981.

Meine Meinung:
Ich habe nur einen einzigen Kritikpunkt, was das Buch betrifft - es ist viel zu kurz!! Gerne hätte ich Caddie und ihre Geschwister noch weiter in ihrem Leben begleitet und Abenteuer mit ihnen erlebt.
Ich bedauere es sehr, erst jetzt auf dieses wundervolle Buch aufmerksam geworden zu sein - als Kind (und heute auch noch) hatte ich immer große Schwierigkeiten mit den Geschlechterrollen in Büchern wie "Der Trotzkopf" und "Pucki". Mit "Caddie Woodlawn" hingegen wäre ich sehr einverstanden gewesen! Am Ende des Buches fürchtete ich schon, dass es eine sehr konventionelle Wendung nehmen wird: Der Vater sieht ein, dass er Caddie mit seiner Erziehung keinen Gefallen getan hat und sie wird zur jungen Dame "ummodelliert"... Ich hätte keine Angst haben müssen, es kommt ganz anders.

Großen Wert bei der Erziehung legen die Eltern auch darauf, dass sich ihre Kinder zu eigenständig denkenden Individuen entwickeln, die nicht einfach gängige Ansichten anderer übernehmen, ohne diese zu hinterfragen. Anders als viele Zeitgenossen betrachten die Woodlawns z.B. die Indianer in ihrer Gegend nicht als potenzielle Gefahr, die am besten gleich ausgerottet werden sollte, sondern ist um gegenseitiges Verstehen und den Abbau von Vorurteilen auf beiden Seiten bemüht.

Besonders beeindruckt hat mich, dass das Buch auf wahren Begebenheiten beruht. Ich hätte gerne noch mehr über das Leben der "echten" Caddie Woodlawn erfahren und habe mir daher gleich die Bücher "Buffalo Coat" und "Strangers in the wood" von Carol Ryrie Brink bestellt, die ebenfalls auf der Lebensgeschichte ihrer Großmutter und Tante beruhen.
Das Buch ist meiner Meinung nach auch hervorragend zum Vorlesen geeignet, egal ob für Mädchen oder Junge. Tiere, Abenteuer, Zusammenhalt und Streit unter Geschwistern... Hier ist alles dabei!