Rezension

Skrupellos, mitreißend und dennoch unterhaltsam

Jack und Jill - Helen Hodgman

Jack & Jill
von Helen Hodgman

Bewertet mit 5 Sternen

Es ist schon erstaunlich, wie man ein Buch lieben und schön finden kann, obwohl deren vorkommende Charaktere so am Abrgund zu stehen scheinen. Doch Helen Hodgmans Schreibstil und Art die Geschichte zu erzählen hat mir sofort gefallen und mich Protagonisten kennenlernen lassen, die so grotesk miteinander und sich selbst umgegangen sind, dass es schwer viel, unbeeindruckt zu bleiben. 

"Jack & Jill" ist 1978 zum ersten Mal veröffentlicht worden und thematisiert zudem auch Themen, die um diesen Zeitraum populär waren. Mitunter das Schicksal der Kriegsveteranen und die damaligen Entwicklung hinsichtlichd es Lebensstils.. Nichtsdestotrotz emfpand ich das Buch generell als sehr aktuell, da es in erster Linie die Entstehung einer Beziehung darlegt und gleichzeitig offenbart, wie wichtig es ist, sich mit seinen Mitmenschen auf sozialer Basis verständigen zu können, um nicht in ein emotionales "Loch" zu fallen und andauernd aneinander vorbeizureden und zu leben. Auf den überschaubaren 192 Seiten wird das Leben von Jill, seit sie fünf Jahre ist und von Jack, seit er als Jugendlicher in ihr Leben tritt geschildert. Und doch haben diese wenigen Seiten eine Bandbreite, die einem vorkommt, als hätte man deutlich mehr aus dem Leben der beiden mitgenommen. Zudem wird das andauernde Erscheinen des Vaters von Jill zu einem wahren "Running Gag", denn er tritt auch nach seinem Tod des öfteren auf undzwar in Form eines riesigen Gemäldes. Solche kleinen Feinheiten, die sich durch das Buch ziehen, lassen den Leser trotz des vorhandenen "Grauens", welcher die Beziehung der Beiden beherrscht, das ein oder andere Mal laut in sich auflachen.

Die Empfindungen die ich den beiden Protagonisten und anschließend auch der dritten wichtigen Person, Raelene, gegenüber verspürt habe, haben sich etwas abgewechselt. Zunächt war mit Jill etwas suspekt, Jack hingegen schon fast unsympathisch. Mit der Zeit schließt man Jill, trotz ihrer schieren Skrupellosigkeit schon fast ins Herz, da man merkt, dass sie wohl kaum eine Wahl hatte, sich solch eine Persönlichkeit "zurechtzulegen". Raelene war das typische, naive Mädchen, dessen größte Aufgabe es war, heraufzufinden, wohin sie gehört. An einigen Stellen hatte ich das Gefühl, dass sich mit der Zeit die Verhaltensweisen von Jack und Jill vertauscht haben. Eines blieb jedoch durchgängig gleich; das Gefühl, dass beide fortwährend die Oberhand gewinnen und über den anderen triumphieren wollen. Daraus entstehen Situationen, die wirklich schon Szenenhaft wirkten. Es schien, als lebten beide auf einer Bühne, denn die Vorfälle wurden zunehmend dramatischer und verstrickter. 

Von Langeweile kann man bei diser Geschichte definitiv nicht sprechen. Abwechselnd hielten sich meine Emotionen zwischen Schock, Fassungslosigkeit und paradoxerweise dem Gefühl gut unterhalten zu werden. Am besten ließe sich das wohl damit erklären, wie "The Times" es auch auf dem Klappentext beschrieb: "Von Anfang bis Ende voll tiefschwarzem Humor.". Genau das charakterisiert diese Geschichte. Es veranschaulicht ein Schicksal zweier Menschen, welches durch und durch von diesem tiefschwarzen Humor getränkt ist. Wenn es nicht eigentlich so einen ernsten Hintergrund hätte, würde man wahrscheinlich darüber lachen, wie absurd sich deren Leben entwickelt hat.

Insgesamt: Skrupellos, mitreißend und dennoch unterhaltsam. Spielt mit Fassungslosigkeit und [schwarzem] Humor und lässt den Leser mit so vielen Emotionen überschüttet sein, dass man die Seiten nur so hinter sich lässt. Thematisert eine Beziehung, von der man nicht weiß, ob es eine Liebe ist oder auch nicht und skizziert mit einem wunderbar direkten, wie auch einnehmenden Schreibstil, in wie weit man sich selbst vergessen kann, um das Gefühl zu haben, doch zu gewinnen.