schwächstes Buch des Autors bisher
Bewertet mit 3 Sternen
Gerne habe ich bisher viele Romane von Mankell gelesen. Dieser hat mich sehr enttäuscht.
Der Plot ist noch ganz unterhaltsam. Doch was ist mit den Charakteren? Die schwafeln und schwafeln. Es wird zeilenlang um den heißen Brei herumgeredet. Mir persönlich gefällt diese pathetische Schreibweise ganz und gar nicht. Das ist natürlich Geschmackssache, aber ich habe mich beim Lesen über so manchen Satz oder so manche Passage aufgeregt oder geärgert. Vieles wirkt konstruiert.
Das Buch von Mankell kombiniert zwei Elemente: Zum einen geht es um eine Art Kriminalgeschichte - die Archäologin Louise Cantor versucht den Gründen für den plötzlichen Tod ihres Sohnes auf die Spur zu kommen und gerät dabei in eine verworrene Odyssee zwischen Europa, Australien und Afrika. Zum anderen wird eine gruselige Vision der Ausbeutung Afrikas durch die zynischen Geschäftsinteressen des Westens entwickelt - der reiche, gebildete und ebenfalls durch den Tod seines Sohnes belastete US-Amerikaner Christian Holloway betreibt in Mozambique unter dem Deckmantel einer karitativen AIDS-Klinik ein Versuchslabor, in dem Menschen gewollt mit dem Virus infiziert und anschließend für Experimente mit nicht zugelassenen Medikamenten missbraucht und getötet werden. Das ist als Stoff sowohl für einen Thriller als auch für einen sozialkritischen Kommentar mehr als genug, geht im Ergebnis aber total daneben.
Das liegt vor allem an drei dicken Schwächen des Buchs. Das erste: unaufgelöste Widersprüche. Um die Heldin Louise herum werden eine ganze Reihe von Mitwissern ermordet - unter anderem ihr Ex-Mann Aron, der sich ebenfalls auf die Suche gemacht hat und verschiedene Personen, die Louise in Afrika Informationen zutragen- sie selbst bleibt aber wie durch ein Wunder verschont, obwohl sie bei weitem mehr erfahren hat als die anderen zusammen. Mankell hat das wohl auch bemerkt und lässt deswegen auf der letzten Seite durchblicken, auch die Heldin werde beim Einchecken am Flughafen beobachtet von einem Mann, der anschließend in ein Auto steigt und in Richtung Innenstadt fährt. Mysteriös, mysteriös.
Das zweite Problem: eine vielfach an den Haaren herbeigezerrte, dilettantisch konstruiert wirkende Handlung. Ein Beispiel: die todkranke Lucinda, die als Informantin für Louise fungiert hat, ruft diese in Europa auf dem Handy an (übrigens aus Holloways Gruselklinik heraus), zitiert sie nach Mosambique, lockt sie mit Marimba-Musik vom Tonband in ein Gebüsch vor das Hotel (das steht wirklich in dem Buch!!!, hat hier Mankells zwölfjähriger Sohn ein paar Seiten weitergeschrieben??) und verrät ihr von den Menschenversuchen im Keller. Bevor sie die ganze Wahrheit enthüllen kann, wird sie allerdings erschossen - wie Kennedy direkt ins Gehirn, wobei übrigens ansonsten der Bezug zu JFK ziemlich offen bleibt.
Drittes Problem, und das dickste: Das Buch präsentiert einen monumentalen Vorwurf an den Westen - neben Holloways Menschenversuchen wird auf ähnliche Praktiken im ehemaligen Belgisch-Kongo mit Affen eingegangen und auch indirekt die Theorie suggeriert, der Virus sei absichtlich in die Welt gesetzt worden - , liefert aber sehr wenig Substanz dafür. Die ganze Story wirkt sehr konstruiert und vor allem der Wut des Autors Mankell entsprungen. Mit vielen Punkten hat er dabei eindeutig recht, etwa mit seinen richtigen Vorwürfen an die Menschenverachtung der weißen Sex-Touristen. Davon abgesehen kann man aber die Frage stellen, ob sein Vorwurf an die reichen Länder die ganze Story bei der AIDS-Katastrophe in Afrika ist - erinnert sei nur an die Positionen des südafrikanischen Präsidenten Mbeki dazu, oder mancher Politiker in seinem Umfeld.
Fazit: richtige Message, gute Idee, aber schlechte, unglaubwürdige Umsetzung.
Und eins kommt auch noch dazu: Woran Louises Sohn Henrik denn nun gestorben ist, weiß man am Ende immer noch nicht.
Nicht wirklich empfehlenswert!