Rezension

Die Themen, die ihr am Herzen liegen

Ewige Jugend - Donna Leon

Ewige Jugend
von Donna Leon

„Venezianische Finale“, so der Titel des Romans, in dem Commissario Brunetti 1992 für die Leser im deutschsprachigen Raum seinen ersten Fall gelöst hat. Seither können sich dessen Fans jedes Jahr auf einen neuen Kriminalfall aus der Serenissima freuen. Für die regelmäßigen Leser sind Brunetti, seine Frau Paola und die Kinder Chiara und Raffi sowie sein Kollege Vianello und Signorina Elettra mittlerweile gute Bekannte, an deren (literarischem) Schicksal man seit vielen Jahren Anteil nimmt. Und auch in dem Jubiläumsband der Reihe, dem 25. Brunetti-Krimi mit dem Titel „Ewige Jugend“ sind diese wieder versammelt.

Contessa Lando-Continui, eine Bekannte von Brunettis Schwiegermutter, bittet diesen um Hilfe. Ihre Enkelin ist als Jugendliche unter ungeklärten Umständen in einen Canale gestürzt und verharrt nach einer schweren Kopfverletzung seither auf dem intellektuellen Niveau eines Kleinkindes im Stadium der „ewigen Jugend“. War es ihr eigenes Verschulden oder wurde sie gestoßen? Und wer war der mysteriöse Retter, der sie aus dem Wasser gezogen und so ihr Leben gerettet hat? Hat er den Vorfall beobachtet? Die Spuren laufen auf einem Reiterhof zusammen. Und der Commissario kann sich glücklich schätzen, bei seiner Recherche von Claudia Griffoni unterstützt zu werden, denn diese ist mit Rössern und Reitern bestens vertraut.

Manchmal beschleicht mich der Verdacht, dass die amerikanische Wahlvenezianerin Donna Leon das Medium des Kriminalromans dazu benutzt, die Themen abzuhandeln, die ihr ganz besonders am Herzen liegen. Sei es nun der Filz in den öffentlichen Ämtern, wo nicht nachvollziehbar Gelder in dunklen Kanälen verschwinden, der nicht aufzuhaltende Untergang der Serenissima, die mehr und mehr zu einem touristischen Disneyland verkommt, die anhaltende Verschmutzung der Lagune durch die riesigen Kreuzfahrtschiffe. Fakten, die den Bewohnern dieser wunderschönen Stadt den Lebensraum allmählich nicht nur nachhaltig schädigen sondern zerstören.

Natürlich steht die, ich muss es gestehen, nicht sonderlich spannende Krimihandlung im Vordergrund, aber gerade in den Gesprächen beim Mittagstisch oder in den Reflektionen Brunettis werden diese Punkte immer wieder thematisiert, wobei die Autorin gekonnt zwischen kulturpessimistischen und ironisierenden Passagen hin und her wechselt und ihrem Protagonisten entsprechende Aussagen in den Mund legt. Aber auch Tagesaktuelles wie die Flüchtlingsthematik findet Erwähnung. Und genau das macht für mich den Reiz dieser Reihe aus, die neben Unterhaltung ihren Lesern Denkanstöße bietet. Gelungen, und wesentlich besser als die letzten Bände der Reihe!