Rezension

Melancholie, Wärme und Zuversicht ...

Im Himmel gibt es Coca-Cola - Christina Nichol

Im Himmel gibt es Coca-Cola
von Christina Nichol

In letzter Zeit habe ich wirklich ein sehr glückliches Händchen. Da ich ja zu der Gattung der Beratungsresistenten gehöre, gebe ich nicht viel auf Buchempfehlungen von Freunden, Bekannten oder den Medien. Wenn Bücher dann noch, wie heißt es so schön, "gehypt" werden, dann mache ich zumeist eh einen großen Bogen um das, was die Masse liest. Ich entscheide meist aus dem Bauch heraus. Was für mich wichtig ist, ist die Stimmigkeit von Cover und Titel und wie sollte es anders sein? Auch bei diesem Roman habe ich mich nicht geirrt.
Wir schreiben das Jahr 2002. Slims Achmed Makaschwili, Durchschnittsanwalt beim Seerechtsministerium, lebt in Georgien, das nach dem Zerfall der Sowjetunion ein unabhängiger Staat geworden ist. Doch trotz Unabhängigkeit und freier Marktwirtschaft befindet sich das Land in einem desolaten Zustand. Arbeit ist kaum zu finden. Wer Arbeit hat, verdient einen Hungerlohn. Wer keine Arbeit hat, weiß nicht, wie er den nächsten Tag überleben soll. Korruption beherrscht das Land und so steht das Geld meist nur den Korrupten des Landes zur Verfügung. Jeden Tag aufs Neue kommt es zu Stromausfällen, den sich mittlerweile eh kaum noch jemand leisten kann und das marode Georgien verfällt weiter.
Gern würde Slims seinem Land zur Hilfe kommen, aber was kann er schon ausrichten. Als ihm eines Tages ein Fax einer Non-Governmental Organisation, die unter der Schirmherrschaft von Hillary Clinton steht, in die Hände fällt, die Unternehmensgründern aus ehemaligen sowjetischen Ländern durch einen Crashkurs fördern und auf die Beine helfen will, beginnt er, Hillary Clinton zu schreiben und ihr von seinem Land zu erzählen. Und wer weiß, vielleicht hat er ja die Chance, an dem Kurs teilzunehmen.
So beginnt er, von einem Land zu erzählen, das voll von Poesie ist. Einem Land, das Gastfreundschaft groß schreibt. Ein Land, in dem es großes Leid gibt, aber die tiefe Verbundenheit der Georgier zu ihrem Land dennoch für Lebensfreude und ein warmes Miteinander sorgt. Nicht zuletzt die Hoffnung der Georgier schützt die Bewohner vor einer tiefen Depression. 
Und siehe da, Slims darf nach Amerika reisen und an dem Kurs teilnehmen. Dass Land und Leute in Amerika dann doch mehr kritische Fragen aufwerfen, als angenommen, erwischt Slims kalt und alles sieht auf einmal ganz anders aus.
Welch ein wundervoller Roman. Es ist, als könnte man den Roman von Christina Nichol singen. Ein Lied voll von Melancholie, Hoffnung, Zuversicht, Träumereien und einem angenehmen, ruhigen Rhythmus. Natürlich werden die Lebensumstände der Georgier nicht verherrlicht, aber hier erzählt die Autorin von Bewohnern eines Landes, von denen wir viel lernen können. Bewunderswert, dass eine amerikanische Schriftstellerin es schafft, das Gefühl der georgischen Bürger so ehrlich darzustellen, ohne den Osten anzuprangern. Mit viel Charme und Witz erzählt die Autorin die Geschichte eines Mannes, der auszog, um ein Land kennenzulernen, um dann doch erkennen zu müssen, das nicht alles Gold ist, was glänzt und der sein Land in seinem Herzen tief verankert hat.
Ein Buch, das viel Wärme und wohlige Stimmung verbreitet und das nicht nur, wenn es draußen regnet, stürmt und schneit.