Rezension

Nicht so mitreissend, wie erhofft

Das Messias-Projekt - Markus Ridder

Das Messias-Projekt
von Markus Ridder

Tolles Cover, interessante Grundidee und durchaus Psychothriller, aber irgendwie doch nicht so überraschend spannend wie erhofft.

Anfangs kam ich nicht wirklich in Lesefluss, weil der Schreibstil sich wehrte. Meist sehr schnörkellos, wirkte er an manchen Stellen sogar leicht gekünstelt, überdacht, ja irgendwie zu redigiert auf mich. Nicht als hätte der Autor den Text fliessend niedergeschrieben, mit natürlichem Fluss eben, sondern eher übereditiert, mehrmals überarbeitet. Oder der Schreibstil dieses Autors ist meiner inneren Lesestimme zu fremd und wollte sich nicht anpassen.

Als ich mich an die Erzählstimme gewöhnte, konnte mich die Geschichte nur bedingt mitreissen. Sie war trotz spannender Grundidee, die gemäss Vorwort sogar teils auf wahren Begebenheiten basiert (zumindest das Grundgerüst eines Jahres ohne Erinnerung), einfach nicht spannend genug. Denn nicht nur Craig möchte herausfinden, was mit ihm geschah und was in diesem verlorenen Jahr vorgefallen ist und warum er das überhaupt vergass. Natürlich wundert sich auch der Leser. Das ist ja der Hauptschlüssel des Plots hier und sollte schon Neugierde wecken. Das tat es auch zumindest beim Kauf des Buches, doch die Erzählung bot mir einfach nicht genügend Anreiz.

Lag es daran, dass mir die Hauptfigur so unsympathisch war? Dass seine Ideale überhaupt nicht mit meinen vereinbar waren, ja kaum sich kreuzen? Lag es daran, dass mir die beschriebenen Welten eines Unternehmens für Gentechnik komplett fremd waren und mich nicht weiter interessierten? Und doch kenne ich zumindest einige wahre Schauplätze wie z.B. Zürich. Und so erkannte ich auch sorgfältig umschriebene Marken und Orte, die man hübsch anonymisiert hat und wusste auch, dass eine Schale in der Schweiz ein Milchkaffee bedeutet. Details, natürlich. Aber eben hier ein Detail und da eine Kleinigkeit und diese vielen kleinen Teile machen das grosse Ganze aus... Vielleicht waren es mir dann zu viele unwichtige Details, in der sich der Autor gerne verliert: Marken jedes Kleidungsstückes, konsequent Augen- und Haarfarbe jeder Frau, die Craig trifft oder auch genaue Strassennamen. Ganz ehrlich, was bringt das dem Leser, der die Stadt nicht kennt? Selbst wenn man die Stadt und respektiven Strassen kennt, brachte mir dies absolut keinen Mehrwert. Welchen Sinn hat also diese Information?

Nachdem ich in der ersten Hälfte immer mal wieder das Interesse verlor, wurde es in der zweiten Hälfte leider noch dazu vorhersehbar. Wie schade! Endlich werde ich mit der Geschichte ein wenig warm, es kommt Tempo auf, erste Erkenntnisse, Spuren und Erinnerungen... und dann bleibt noch immer dieser bittere Nachgeschmack des schon verlorenen Interesses und eine Vorahnung, die sich dann (leider?) bewahrheitet.

Der Roman sollte mich allerdings doch noch eines Besseren belehren, denn gegen Ende war es trotz Vorahnung plötzlich mitreissend, schwungvoll geschrieben und so las ich die letzten ca. 50 Seiten in einem Rutsch durch. Und dann wünschte ich mir, der ganze Roman hätte mich so gut unterhalten wie das grosse Finale. Obwohl ich Mitte des Buches die Fährte gerochen hatte, interessierte mich brennend wo, wieso und wie Craig das angestellt hatte? Was führte vom einen zu anderen und wie kommt Craig selber wieder zu dieser Erinnerung? Welche Rolle spielen die Frauen und eine im ganz Besonderen?

Könnte ich Teilnoten vergeben, bekäme der Anfang wohl bloss eine lasche 2, die letzten 50 Seiten allerdings eine gute 4+. Schade, so viel Potenzial, das sich erst am Ende richtig entfaltet und deshalb zu schnell verpufft. Oder war es einfach nichts für mich?

3 / 5 Sterne