Rezension

​ Wie immer toller Ansatz, jedoch leider sehr unstrukturiert und verwirrend

Mordmethoden - Mark Benecke

Mordmethoden
von Mark Benecke

Bewertet mit 2 Sternen


Inhalt

Mark Benecke, der, wie er auf Radio 1 immer angekündigt wird, "berühmteste Kriminalbiologe der Welt", widmet sich in diesem Buch wieder seiner Arbeit. Er berichtet von Fällen, in denen er Kriminalbiologie zur Auflösung beigetragen hat, und beschreibt verschiedene Tätigkeitsfelder und Methoden seiner Berufsgruppe.

Meinung

Ich bin ein großer Fan von Mark Benecke und seiner faszinierenden Arbeit, doch mit diesem Buch konnte er mich leider ganz und gar nicht überzeugen.

Das Buch ist in verschiedene große Themengebiet eingeteilt, die sich wiederum aus verschiedenen Abschnitten zusammensetzen.
Während beim Kapitel "Spuren" der Zusammenhang zu Beneckes Beruf noch recht deutlich ist und man merkt, dass der Autor viel Erfahrung auf dem Gebiet hat, wirken andere Kapitel eher dünn besetzt.
In "Tödliche Verbrechen, teils tödliche Strafen" beispielsweise will Benecke sich unter anderem der Frage widmen, welche Täter eine Todesstrafe verdienen, kommt jedoch nie wirklich zu einer Antwort geschweige denn zu wirklichen Überlegungen. Über 40 Seiten geht es beispielsweise um den Fall Bernardo/Homolka. Das Leben und dir Persönlichkeiten der Täter werden ausführlich beschrieben, ebenso wie ihre Taten und die Gründe, wieso beide so lange nicht gefasst wurden. Die Frage, ob die beiden dafür die Todesstrafe verdient hätten, wird dagegen nicht, wie angekündigt, diskutiert.
Ich kann es Mark Benecke nicht verdenken, dass er keine Fragen beantworten möchte, die sich mehr mit Moral als mit Fakten befassen, aber dann war der Untertitel dieses Abschnittes ("Wer verdient die Todesstrafe?") einfach ungünstig gewählt. Zudem stellt sich die Frage, worauf genau er mit der Beschreibung dieser Verbrechen hinauswollte, denn sicherlich dienten sie nicht nur dazu, die Neugier von von Gewalt faszinierten Lesern zu befriedigen.
Auch Kapitel wie "Auf Ehre und Gewissen" hätte man entweder mit mehr Fakten (in diesem Fall psychologischen) anreichern oder lieber weglassen sollen, um sich mehr auf Kriminalbiologie zu konzentrieren. Denn in der Kriminalbiologie geht es ja gerade darum, nicht aufgrund emotionaler Gründe über die Täter zu urteilen, sondern durch Spuren reine Fakten darzustellen und den Ermittlern zu überlassen, was sie daraus machen. Das Motiv des Täters dagegen interessiert eher die forensische Psychologie (das Fachgebiet von Beneckes Exfrau), aber diese wird zu wenig mit einbezogen, um das Kapitel wirklich gehaltvoll zu machen.

Teilweise war ich einfach verwirrt, ob dieses Buch ein eher allgemeines über verschiedene Aspekte von Verbrechen und Verbrechensbekämpfung sein soll, auf die dafür nicht so genau und wissenschaftlich eingegangen wird, oder ob es um Beneckes Arbeit gehen soll. Ersteren Ansatz würde ich bei jemandem, der Experte auf einem der Gebiete ist, für eher ungünstig halten, da er ihm die Möglichkeit nimmt, seine ganze Expertise zu beweisen. Letzterer Ansatz wurde jedoch scheinbar nicht gewählt, denn sonst könnte ich mir die vielen Kapitel, die mit Kriminal_biologie_ nichts oder nicht viel zu tun haben und mehr aus Fallbeschreibungen als aus Infos zu den Ermittlungen bestehen, nicht erklären.

Auch innerhalb der einzelnen Kapitel wirkt das Buch oft unstrukturiert und steckt voller Themensprünge.
Innerhalb des Kapitels über die Entführung von Charles Lindbergh Junior beispielsweise beschreibt Benecke erst ausführlich alle Indizien, die an der Schuld des verurteilten Täters Zweifel aufkommen lassen, um dann auf einmal eine 180-Grad-Wende zu machen und zu erklären, es sei offensichtlich, dass nur der Verurteilte der Täter gewesen sein könne. Dabei verzichtet er leider oft auf den Konjunktiv oder andere Kennzeichnungen, dass es sich um seine Meinung und nicht um Tatsachen handelt, obwohl mindestens eine der beiden Ansichten Spekulation sein muss, da nicht beide gleichzeitig wahr sein können. Auf Ungereimtheiten, die es trotz scheinbarer Beweise gegen den Verurteilten noch gibt und die er vorher selbst noch als Unschuldsbeweis aufgezählt hat, geht Benecke nicht mehr ein.
Zudem befolgt er die "Doyle'sche Regel", deren Bedeutung er vorher extra herausstellt, in seinem Urteil selbst nicht.

Unterbrochen werden die einzelnen Kapitel oft von grau hinterlegten Einschüben, die Hintergrundinformationen oder Beispielfälle zur Vertiefung bieten. Diese stören den Lesefluss allerdings enorm, da man sich entweder entscheiden muss, sie zuerst oder zuletzt zu lesen oder das Lesen des eigentlichen Abschnitts dafür zu unterbrechen.

Als höchst irritierend empfand ich auch, das Benecke im Buch von sich selbst in der dritten Person spricht, sich also "der Autor" nennt, auf der anderen Seite aber aber auch bestimmte Meinungen konkret als "Unsinn" bewertet (und nicht als "Der Autor hält dies für unsinnig) und somit die Grenze zwischen Fakten und Meinung des Autors wieder verschwimmen.

Fazit

Mark Beneckes Beruf des Kriminalbiologen ist durchaus faszinierend und es ist immer wieder spannend, etwas über dessen Aufgabengebiete und beispielhafte Fälle zu lernen. Gerade von einem Wissenschaftler hätte ich deshalb aber mehr Fokus auf das eigene Fachgebiet oder immerhin mehr Fakten und weniger reine Beschreibungen von Fällen erwartet. Zwar geht es in einigen Kapiteln um die Aufgaben von Kriminalbiologen und es wird auch wunderbar erklärt, wie diese zur Aufklärung von Fällen beitragen. Andere Kapitel jedoch wirken recht oberflächlich, der Bezug zu Benecke bleibt unklar und bei einigen Fallbeschreibungen erschloss sich mir nicht, wozu genau sie dienen sollten.
Auch wirkt das Buch oft recht unstrukturiert und Einschübe inmitten der Kapitel stören den Lesefluss. Ich kann nur 2 Sterne vergeben.