Rezension

Neue Gesichtspunkte zu einem "alten Land" - Ambivalenz der Gesellschaft!

Der neue Iran - Charlotte Wiedemann

Der neue Iran
von Charlotte Wiedemann

Was weiß man als Durchschnitts-Westeuropäer tatsächlich über den Iran?

In erster Linie bekannt sind die religiös-politischen motivierten Probleme die "der Westen" in den vergangenen Jahrzehnten mit dem einst so mächtigen Kaiserreich hatte. Eine frühe Hochkultur, weit überlegen vielen anderen Weltvölkern - und heute?
Strenges Leben nach dem Maßgaben des Koran, eine autoritäre Staatsführung, fehlende demokratische Strukturen, so wie wir es erwarten und vieles mehr an konfliktreichem Nebeneinander.

Charlotte Wiedemann berichtet als Kennerin der Szene und führt den interessierten Leser in die -teilweise schwierige und auch verwirrende- Sichtweise der Bürger-/innen des modernen Iran. Sie zeigt, wie sehr die Menschen an nationaler Anerkennung als vollwertiges Mitglied der Staatengemeinschaft interessiert sind. Sie schildert den hohen Stellenwert von Kunst, Kultur und Technologie des modernen Iran.
Sie berichtet über die Ambivalenzen des Lebens im Iran der heutigen Zeit. Die nach Außen getragene Sichtweise der politischen Elite ist demnach durchaus nicht das, was die multikulturelle Bevölkerung des Iran im täglichen Leben praktiziert.
Nationalstolz auf der einen Seite - auf der anderen eine (meist stillschweigende) Abgrenzungen von den Maßgaben der offiziellen Politik. Das was angeordnet wird, ist noch lange nicht der Maßstab für das, was im täglichen Leben praktiziert wird.
Der Leser bekommt einen Eindruck darüber, wie die Menschen im Iran ihr privates Leben leben.

In der Tat: wir kennen eigentlich nur eine Seite des Iran und zwar die, die durch die Staatsführung repräsentiert wird - wir blicken aber in der Regel nicht "Inside Iran".
Das zu ändern ist das Hauptanliegen des vorliegende Buches. Gut zu lesen, faktenreich und interessant geschildert; teilweise aber bleibt die Widersprüchlichkeit zwischen religiös-staatlichen Vorgaben und täglichem Handeln im Nebel - vielleicht, weil man es als Außenstehender, der zur iranischen Kultur noch keinen direkten Kontakt hatte, an einigen Stellen nur schwer nachvollziehen kann.
Sicher ist aber: es zeigt den Iran von einer Seite, die liebenswert und hochinteressant erscheint - es macht "Appetit auf mehr..."

Dietmar Langusch