Rezension

Paolo Cognettis Hüttenbuch erzählt von der schönen, schrecklichen Einsamkeit, in der man sich selber näherkommt, von einer nicht gekannten Freundschaft und - wir lesen den Beweis - von der Wiederkehr der verlorenen Sprache

Fontane Numero 1 - Paolo Cognetti

Fontane Numero 1
von Paolo Cognetti

Bewertet mit 5 Sternen

Paolo Cognetti, Fontane No. 1, Rotpunktverlag 2017, ISBN 978-3-85869-740-0

 

Paolo Cognetti, ein 1978 in  Mailand geborener italienischer Schriftsteller ist in Deutschland noch unbekannt. Das liegt auch daran, dass mit Fontane No. 1 nun erst sein erstes Buch auf Deutsch erscheint (ein weiteres folgt im Herbst 2017), während seine bisherigen Bände mit Kurzprosa schon in 30 Sprachen übersetzt worden sind. Schon hier sei gesagt, seine Prosa ist eine Bereicherung auch für den deutschsprachigen Leser. Seine oft kurzen Beschreibungen und Beobachtungen bewegen sich immer in der Welt des Alltags der jeweiligen Menschen. Mit seinem präzisen und sparsamen Stil gelingt es, Menschen einzufangen und Augenblicke in ihrem Leben, die für sie wesentlich sind, weil sie darin ihre eigene Identität entdecken und ihre Existenz begreifen. Er kann auf wenigen Seiten eine ganze Geschichte erzählen und schafft aus dem Mosaik kleiner Episoden ein Gesamtwerk, das stimmt.

 

In Fontane No.1 lässt Paolo Cognetti sein Alter Ego Paolo erzählen, wie er in einer Schaffenskrise und einem für ihn  festgefahrenen Leben in Mailand auf die Idee kommt, sich in der Tradition von Thoreau und anderen Eremiten eine Zeitlang von der Zivilisation zu verabschieden. Er Mieter in der Nähe des Ortes, wo er als Kind viele Sommer verbrachte, eine Hütte in den Bergen.

 

Als er Ende April sein Projekt beginnt, liegt da oben in Fontane No. 1 noch Schnee. Der Kontrast zu seinem Leben in Mailand und dessen Geräuschkulisse könnte nicht größer sein

Das Dasein auf 2000 Meter Höhe bringt die einfachen Dinge zurück: Holz hacken, Feuer machen, die Gegend erkunden, einen Garten anlegen. Paolo spricht mit den Tieren, liest Bücher, hört seltsame Geräusche in der Nacht. Wochenlang sieht er keine Menschenseele, bis aus dem Nebel doch eine Gestalt auftaucht.
 

Paolo Cognettis Hüttenbuch erzählt von der schönen, schrecklichen Einsamkeit, in der man sich selber näherkommt, von einer nicht gekannten Freundschaft und - wir lesen den Beweis - von der Wiederkehr der verlorenen Sprache.

 

Für September 2017 ist bei DVA ein weiteres Buch mit dem Titel „Acht Berge“ angekündigt. Ich erwarte es mit Spannung.