Rezension

Turbulente Zeiten

Das Versprechen der Nonne - Robert Storch

Das Versprechen der Nonne
von Robert Storch

Bewertet mit 5 Sternen

„...Du vergisst, dass ich nicht einfach nur Graf werden will. Ich will so werden wie Vater!...“

 

Gerold, einziger Sohn von Graf Gebhard, ahnt nicht, dass er wenige Stunden, nachdem er obigen Satz zu seiner vier Jahre jüngeren Schwester Adelind gesagt hat, seine gesamte Familie verlieren wird. Nur ihm allein gelingt die Flucht vor seinem Onkel Wulfhardt. Er kommt im nahegelegenen Nonnenkloster in Heidenheim unter. Dessen Äbtissin Walburga allerdings ist Wulfhardt auch ein Dorn im Auge. Er wäre sie lieber heute als morgen los.

Der Autor hat einen fesselnden historischen Roman geschrieben , der im 8. Jahrhundert angesiedelt ist.

Die Personen werden gut charakterisiert. Das ist zum einen die Äbtissin Walburga. Sie kümmert sich um die Dorfbewohner, steht fest im Glauben und zeigt Wulfhardt seine Grenzen auf. Von den Nonnen erwartet sie Unterordnung und Gehorsam.

Besonders an Herz gewachsen ist ihr die Nonne Michal. Die junge Frau kann lesen und schreiben. Ein Leben außerhalb der Geborgenheit des Kloster ist für sie nicht vorstellbar. Außerdem ist sie auf ein solches Leben nicht vorbereitet, denn über das Zusammensein von Mann und Frau hat sie wenig konkrete Vorstellungen. Doch die Begegnung mit Gerold lässt in ihr Gefühle aufkommen, die sie nicht zuordnen kann.

Gerold hat nur ein Ziel. Er möchte den Tod seiner Familie rächen und das Erbe des Vaters antreten. Dabei agiert er durchaus unvorsichtig. Michal beeindruckt ihn. Er würde sie gern an seiner Seite sehen.

Wulfhardt zehrt von den Kränkungen der Kindheit. Der Hass auf den älteren Bruder bestimmt sein Handeln. Er ist ein zerrissener Charakter. Einerseits tut er alles, um an Macht und Reichtum zu kommen, andererseits plagt ihn in stillen Stunden ob seiner Taten das Gewissen. Das hält nur nicht lange vor. Zu den stilistischen Höhepunkten gehören dabei die Gespräche mit dem alten Mönch Johannes.

 

„...Für Gott ist immer entscheidend, was sich im Herzen des Menschen abspielt: Tut er fromme Werke allein aus Ehrfurcht vor Gott, so finden sie gewiss sein Wohlgefallen. Tut er sie jedoch aus Prahlerei, um dafür von den Menschen gelobt zu werden, dann beleidigt er Gott...“

 

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Eingeflochten in die Geschichte werden zum einen Aussagen des Evangeliums, zum anderen das Nibelungenlied. Ersteres geschieht durch Michal, das zweite durch Gerold. Dadurch zeigt sich, was beiden wichtig ist.

Nach den anfänglichen turbulenten Zeiten werden sechs Jahre übersprungen. Dann verlagert sich die Geschichte nach Rom. Zum einen lebt Gerold dort, zum anderen pilgert Michal in die Stadt, um den Papst auf eine gefälschtes Dokument aufmerksam zu machen. Ausführliche Recherchen nicht nur in der Klosterbibliothek haben ihr offenbart, dass es bei der Schenkung von Kaiser Konstantin nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann. Sie ahnt nicht, dass sie auf alte Feinde und Widersacher trifft und mit ihrem Leben spielt. Das folgende Zitat öffnet ihr die Augen über den Sittenverfall der Stadt:

 

„...Die Wahrheit war hier in Rom so selten wie keusche Priester...“

 

Treffende Sprachbilder beschreiben Landschaften und Menschen. Historische Personen wie Bertrada und Papst Hadrian werden geschickt in die Handlung integriert.

Machtgier, Verrat, Eifersucht sind die Gegenspieler von Vertrauen, Treue und Zuneigung. Gleichzeitig wird deutlich, wie unterschiedlich die Christianisierung verlaufen ist. Während Walburga nicht nur durch Worte, sondern vor allem durch hilfreiche Taten überzeugt, setzen andere auf Gewalt.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Es malt eine farbiges Bild des 8. Jahrhunderts.