Rezension

Eine wunderbare Geschichte, so echt und faszinierend

Call The Midwife - Jennifer Worth

Call The Midwife
von Jennifer Worth

Bewertet mit 5 Sternen

Warum wollte ich das Buch lesen?

Wie ich schon angedeutet habe, bin ich ein großer Fan der BBC-Serie "Call the Midwife", die nicht nur einen historischen Bezug hat und Schicksale in den Fokus rückt, die man bisher so gar nicht auf dem Schirm hatte, sondern mit ihren einzigartigen Charakteren und der berührenden Erzählweise schlichtweg verzaubert. Vor allem deshalb war ich unglaublich neugierig auf die Buchvorlage, bei der es sich nicht um einen Roman, sondern um einen Tatsachenbericht der Hebamme Jennifer Worth handelt. Dieses Buch musste einfach ins Regal und wollte so schnell wie möglich gelesen werden.

 

Auf den Punkt gebracht: Das macht die Handlung aus

"Call the Midwife" spielt im Londoner East End der 1950er Jahre - einem Elendsviertel, in dem die Menschen beinahe zusammengepfercht in baufälligen Mietskasernen leben, häufig nicht einmal fließendes Wasser, zu wenig Geld zum Leben und zu viele Kinder haben. Eine Kombination, die große Armut und ein Leben unter, aus heutiger Sicht, unvorstellbaren Bedingungen zur Folge hat. Es ist aber auch eine Zeit, in der sich der staatliche Gesundheitsdienst in Großbritannien etabliert hat - eine Veränderung, die für die Menschen in Poplar und in den umliegenden Bezirken eine enorme Verbesserung ihrer Lebensumstände bedeutet. Jennifer Worth nimmt den Leser in ihren Erinnerungen mit in diese Zeit und erzählt von vielen ergreifenden Schicksalen, von dem Wunder der Geburt, das Licht in die dunkelsten Räume bringt. Das Buch gliedert sich dabei in viele einzelne Episoden, die jede für sich fesseln und begeistern. Trotzdem gibt es einen roten Faden beziehungsweise einen Anker, der Ausgangspunkt all der einzelnen Geschichten ist - das Nonnatus House in Poplar, das als Basis für die Hebammen des Viertels dient und gleichzeitig sicherer Hafen ist. 

 

Wie auch die Serie ist Jennifer Worths Buch aus historischer Sicht unheimlich interessant: Gespannt habe ich ihre Berichte über schwierige Geburten und die Lebensumstände im Londoner East End verfolgt. Man erfährt wahnsinnig viel, nimmt zugleich aber auch Anteil an all den verschiedenen Schicksalen und entwickelt tiefsten Respekt vor Jennifer Worth und ihren Kolleginnen. Auch wenn es sich bei "Call the Midwife" nicht um einen Roman handelt, vermag dieses Buch zu fesseln, wie es eine Geschichte in Prosaform nicht besser könnte.

 

Dinge, die mich wirklich beeindruckt haben

Vor allem ist das Jennifer Worths Offenheit im Umgang mit ihrer Vergangenheit - ohne dass ihre Erzählungen auch nur einmal nüchtern oder teilnahmslos gewirkt hätten. Aus jedem Satz liest man ihren tiefen Respekt vor dem Leben und ihre Wertschätzung vor all den Menschen heraus, die sie während ihrer Arbeit im East End begleiten durfte. Jennifer Worth berichtet mit Hingabe und zugleich mit der nötigen Objektivität, sie liefert eine Flut von Fakten, die einen aber zu keiner Zeit erschlagen, sondern schlichtweg faszinieren. Das macht ihr Buch so wahnsinnig besonders.

 

Die Figuren...

...sind vielleicht nicht so detailreich beschrieben, wie wir sie aus der Serie kennen, aber sie wirken durchgehend authentisch, wie aus dem Leben gegriffen und gleichzeitig außergewöhnlich. Jennifer Worth gibt jedem Charakter eine Stimme und bringt seine Eigenheiten so wunderbar auf den Punkt, dass man ihn direkt vor Augen hat. Man leidet mit den Menschen, von denen sie berichtet, man nimmt Anteil und ist die ganze Zeit über hautnah bei den Charakteren.

 

3 Gefühle, die ich während des Lesens hatte

Faszination - für ein Leben, über das ich so wenig wusste

Respekt - vor außergewöhnlichen Frauen, die jeden Tag mit jeder Faser ihres Körpers dafür arbeiteten, anderen Menschen das Leben ein bisschen besser zu machen

Mitleid - mit all den Menschen, deren Schicksale wir vielleicht zu häufig ausblenden

 

Das hat die Geschichte mit mir gemacht:

"Call the Midwife" hat mich mitgenommen in eine andere Zeit, hat mich vieles gelehrt - mich vor allem tief bewegt, teilweise erschüttert und mich auf jeden Fall erreicht. Ganz ohne großes Brimborium, ohne Glanz und Prunk - einfach durch seine liebenswerte Ehrlichkeit schafft es dieses Buch, einen bis ganz zum Ende festzuhalten. Etwas, das nicht einmal vielen Romanen gelingt.

Mein Fazit
Gibt es von mir eine Leseempfehlung zum Buch?

Ja, ja und nochmal JA! "Call the Midwife" ist einzigartig, faszinierend, spannend, erschütternd und bewegend und auf jeder einzelnen Seite unheimlich echt. Wer historisch interessiert ist und mehr über die Lebensumstände in Londoner Elendsvierteln erfahren möchte, dem möchte ich dieses Buch unbedingt ans Herz legen. Es ist großartig!