Rezension

Vier Sterne für Kristin Cashores Debutroman

Graceling - Krintin Cashore

Graceling
von Krintin Cashore

Darum gehts:

In a world where people born with an exceptional skill, known as a Grace, are feared and exploited, Katsa carries the burden of a skill even she despises: the Grace of killing. Something dark and deadly is rising in the north and creeping across the continent, and behind it all lurks the shadowy figure of a one-eyed king...

Mein Eindruck:

Nachdem ich so viel Positives über dieses Buch gehört und gelesen hatte war für mich klar, dass ich es auch lesen möchte. Ich hatte also hohe Erwartungen an Kristin Cashores Debutroman. Als ich anfing zu lesen war ich zuerst ein wenig erstaunt, da ich dank des Klappentexts eine ganz andere Handlung erwartet hatte. Auch war der Schreibstil zunächst ein wenig gewöhnungsbedürftig und ich fragte mich, warum das Buch so hoch gelobt wurde, denn es kam mir keinesfall außergewöhnlich vor.
Doch je länger ich las, desto mehr begeisterte mich die Story, bis ich schliesslich gar nicht mehr aufhören konnte zu lesen und das letzte Drittel des Buches in einem Rutsch durchlas. Die Story mag also langsam und etwas schleppend begonnen haben, doch der Rest des Buches war dafür umso mitreissender. Auch der Schreibstil gefiel mir mit der Zeit immer besser, liess Berge, Täler und Königspaläste in meinem Kopf entstehen und entführte mich in eine fantastische Welt.
Die Geschichte spielt sich auf einem fiktiven Kontinent ab, der in sieben Königreiche unterteilt ist. In jedem dieser Reiche gibt es Menschen, die von Geburt an anders sind als die anderen, die so genannten Gracelings oder Begabten. Jede Gabe wirkt sich anders aus, sodass keine zwei Personen genau dieselbe Fähigkeit haben. Manche Gaben sind körperlicher Natur, z.B. Schwimmen oder Bogenschießen, andere, z.B. Gedanken lesen, sind mentaler Art. Jedes der Königreiche geht anders mit den Begabten um: manchmal werden sie vergöttert, anderswo sind sie gefürchtet und werden von der Gesellschaft gemieden.
Katsa, die Heldin der Geschichte, ist eine ganz besondere Persönlichkeit. Sie wirkt manchmal ein wenig kratzbürstig und eigenbrötlerisch, ist aber daran selber nicht schuld. Denn sie hat eine angeborene Gabe, die sie zu einer perfekten Killerin macht. In dem Königreich, in dem sie lebt ist sie als Begabte/Graceling per Gesetz im Besitz des Königs Randa, ihres Onkels, der ihre Gabe schamlos nutzt um sich eigene Vorteile zu verschaffen. Katsa ist deshalb im ganzen Reich gefürchtet, einem der Reiche, dass die Begabten ohnehin als Menschen zweiter Klasse sieht. Im Laufe des Buches jedoch lernt sie ihre Gabe schätzen und sogar stolz darauf zu sein, etwas zu können, dass nur ihr vergönnt ist und niemand besser kann.
Auch emotional entwickelt sie sich weiter. Anfangs ist sie ein Mensch mit vielen Vorurteilen, insbesondere den Menschen gegenüber, die sich als Begabte fürchten. Sie kann einer Welt nicht positiv gegenüberstehen die ihr nur negative Gefühle entgegenbringt. Einziger Lichtblick sind die Aufträge des Königs bei der ihr Prinz Raffin sowie die Kämpfer Oll und Giddon, mit denen sie sich gut versteht sowie die Zeit die sie mit der Hofdame Helda verbringen kann. Doch sie fühlt sich wie in einem Käfig, solange sie unter Randas Einfluss steht.
Durch Zufall lernt sie Po (in der deutschen Ausgabe Bo) kennen, einem Prinzen des Reiches Lienid, der ebenfalls eine Gabe hat. Durch ihn lernt Katsa, was es mit ihrer Gabe tatsächlich auf sich hat und dass sie diese nicht verachten sollte, und auch Po hat ein Geheimnis, dass im Verlauf der Geschichte gelüftet wird und Katsa ordentlich durcheinander bringt.
Überhaupt wächst Katsa durch Pos Gesellschaft weit über sich hinaus und entwickelt sich bis zum Ende des Buches von einer gefangenen jugendlichen Kampfmaschine in eine unabhängige, passionierte und selbstsichere junge Frau, die weiss was sie will und die mit ihrer Gabe im Reinen ist.
Po hat mir als Charakter sehr gut gefallen. Er weiss immer genau, was er wann zu sagen hat, er ist fleissig und ehrgeizig immer noch etwas neues dazuzulernen, ohne daraus persönliche Vorteile oder Macht ziehen zu wollen. Und obwohl er ein Prinz ist, hat man stets das Gefühl, dass er sich nichts aus seiner Position macht. Die Familie und das Wohlergehen seiner Lieben liegen ihm mehr am Herzen; aber er ist keineswegs verweichlicht, sondern ein sehr guter Kämpfer, der auch gerne mal eine unbequeme Wahrheit ausspricht. Von allen Personen in diesem Buch hat mir Po durch seine absolute Menschlichkeit am besten gefallen.
Auch die Liebesgeschichte, die sich zwischen Katsa und Po entwickelt, war in meinen Augen sehr gut beschreiben - es wirkt weder zu kitschig noch zu übereilt. Die beiden wissen anfangs selbst noch nicht so genau, was sie fühlen, und wachsen Schritt für Schritt in ihre Rolle als Partner hinein.
Kern der Handlung ist die Suche, auf die sich Katsa und Po begeben, um den Grund für die Entführung von Pos Großvater aufzuklären. Doch je weiter sie voran kommen, desto klarer wird ihnen, dass viel mehr als die Entführung eines alten Mannes im Spiel ist. Die Fäden im Hintergrund hält der einäugige König Leck, den seltsamerweise alle in den höchsten Tönen für sein Mitgefühl, seine Hilfsbereitschaft und seine Mildtätigkeit loben...obwohl seine Adoptiveltern, der alte König und seine Frau, nur kurze Zeit nach seiner Krönung auf wundersame Art verstorben sind.
Kristin Cashore schafft es in ihrem Debutroman eine neue Welt zu erschaffen, die voller Geheimnisse steckt, die man ergründen möchte, wenn man mit den Charakteren mitfiebert, wie es ihnen wohl ergehen wird auf der Reise durch die sieben Königreiche.

Fazit:

Nach einem etwas holprigen Start entfaltet sich beim Lesen nach und nach eine wohl durchdachte, dreidimensionale Fantasywelt, die einen in ihren Bann zieht. Vielschichtige Charaktere, eine interessante und abwechslungsreiche Story sowie eine gute Portion Spannung machen dieses Buch aus.  Ich vergebe solide 4 Sterne und freue mich schon darauf, die beiden Nachfolgebände zu lesen.