Rezension

Schöner, solider Reihenauftakt

Die Schokoladenvilla - Maria Nikolai

Die Schokoladenvilla
von Maria Nikolai

Bewertet mit 3.5 Sternen

Kommen wir zuerst zum Inhalt: Die Geschichte spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Wir lernen Familie Rothmann kennen: Herr Rothmann leitet eine Schokoladenfabrik in Stuttgart, die dort sehr bekannt ist. Seine Familie gehört als zur elitären Gesellschaft Stuttgarts. Tochter Judith, die eigentlich schon längst verheiratet sein sollte, möchte die Schokoladenfabrik gerne übernehmen. Doch das sieht ihr Vater gar nicht gerne. Judiths Mutter hat die Familie schon länger verlassen. Ungewiss ist, ob sie jemals nach Stuttgart zurückkehrt. Und als wäre das nicht genug, hat Judith auch noch zwei jüngere Brüder, die ihre Familie mit allerhand Streichen auf Trab halten. Ihr lest: Der klassische Familienwahnsinn. 

 

Die Handlungsstränge der Geschichte waren für mich zwar solide aber hier und da doch recht gut zu durchschauen. Wir erleben einen Familienalltag: Die Träume der verschiedenen Familienmitglieder und die damit verbundenen Konflikte. Natürlich dürfen auch die großen Gefühle in diesem Reihenauftakt nicht fehlen.

Womit mich Maria Nikolai überzeugte waren die Charaktere der Geschichte und die Atmosphäre der Handlung. Obwohl unsere Charaktere keine leichte Zeit durchleben, hatte Die Schokoladenvilla ein beinahe gemütliches, ruhiges Erzähltempo. Und das macht für mich eine Geschichte für die Weihnachtszeit aus. 

 

In Die Schokoladenvilla treffen mehrere Generationen aufeinander: Judiths Vater, der es eigentlich gewohnt ist, dass er das Oberhaupt der Familie ist und sich somit alle Familienmitglieder nach seinen Bedürfnissen richten. Er ist also mehr als überfordert als seine Frau verschwindet und seine Tochter damit beginnt, sich für ihre eigenen Bedürfnisse einzusetzen. 

 

Da Judith und ihr Vater immer wieder aneinandergeraten sind, waren Judiths Brüder, die hier als Nebencharaktere fungieren, eine willkommene Abwechslung: Schnell können wir zwar erahnen, dass ihre Streiche nicht bei allen, die davon betroffen sind, gut ankommen. Aber dennoch brachten sie mich mit ihren schrägen Einfällen hier und da zum schmunzeln. 

 

Bei der Hörbuchgestaltung hat sich der Hörverlag etwas Besonderes einfallen lassen: Wie ihr ja wisst, gehöre ich zu den Menschen, die sich Hörbücher gerne ins Regal stellen. Als ich herausfand, dass der Titel als Download ungekürzt erschienen ist, rechnete ich fest damit, dass das auch auf die Hörbuch-CD zutrifft. Warum sollte man sich schließlich die Mühe machen und zwei Versionen von einem Hörbuch erstellen, wenn es beispielsweise aufgrund von Lizenzrechten nicht vorgeschrieben ist? Schnell fand ich aber heraus, dass die CD gekürzt war. Allerdings hatte ich nicht den Eindruck, dass sich das in irgendeiner Weise auf die Geschichte auswirkt. 

Das Hörbuch wird von Beate Himmelstoß gelesen, die eine sehr angenehme Stimmfarbe hat und die Atmosphäre der Geschichte ziemlich gut transportieren kann. Ihre Lesegeschwindigkeit sorgt dafür, dass wir uns von der Handlung treiben lassen können. 

Es gibt nur einen kleinen Nachteil: Da die Geschichte in Stuttgart spielt, gibt es natürlich auch kleine schwäbische Passagen in der Geschichte. Das gefiel mir ziemlich gut, weil man versucht hat, das Schwäbische bei der Produktion zu berücksichtigen. Man hätte die Stellen beispielsweise auch einfach ins Hochdeutsche umschreiben können. 

Leider ist mir schnell bewusst geworden, dass Beate Himmelstoß kein schwäbisch sprechen kann Entweder klingt es unfreiwillig gekünstelt, oder es erinnerte mich eher an sächsisch. Allerdings ist das eine kleine Feinheit, die vermutlich nur denjenigen auffällt, die schwäbisch sprechen. Da sich die schwäbischen Dialoge aber in Grenzen halten, beeinflussen diese Passagen aber keinesfalls den Hörgenuss. 

 

Maria Nikolai hat einen angenehmen Schreibstil. Die Atmosphäre der Geschichte kennzeichnete sich vor allem durch das Erzählende und Beschreibende. Ich konnte mir die Szenerie bildhaft vorstellen und mochte die Beschreibungen rund um die Schokoladenfabrik und auch die ein oder andere Schokoladenkreation. 

 

Gesamteindruck

Die Schokoladenvilla ist eine schöne Geschichte für zwischendurch. Die Handlungsstränge in diesem Band waren für mich hier und da zwar leicht zu durchschauen. Dennoch hat die Autorin Fäden gelegt, die mich neugierig auf weitere Bände dieser Reihe machten. 

Aufgrund der Atmosphäre und der Konflikte eignet sich dieser Reihenauftakt als Lektüre für die Adventszeit.