Rezension

Glück ist immer nur ein Moment

Brav kann ich auch, bringt aber nix - Ingrid Metz-Neun

Brav kann ich auch, bringt aber nix
von Ingrid Metz-Neun

Bewertet mit 3 Sternen

Die wilden 70er, da ist der Titel von „Brav kann ich auch, bringt aber nix“ fast schon Programm. Der Klapptext verrät jedoch nicht viel über den Inhalt des Buches, außer dass es sich um eine blonde, naive junge Frau hält, die ihren Weg meistert. Irgendwie zumindest. Dass die Dame recht mollig ist, wie sie es selbst beschreibt, ist dem Cover nicht zu entnehmen. Palma Publishing Berlin führt den Leser mit Cover und Klapptext nach meinem Empfinden ein wenig in die Irre, zumindest hat mich der Inhalt des Buches dann doch überrascht.

Autorin Ingrid Metz-Neun, deutsche Synchronsprecherin, deren Stimme weit bekannt aus Filmen, Hörspielen, Werbung und dem öffentlichen Personennahverkehr ist, und die den guten Jahrgang 1950 vertritt, hat in diesem kurzweiligen Roman ganz sicher viel ihrer eigenen Biografie verarbeitet. Doch die Protagonistin heißt nicht Ingrid, sondern Maja. Genannt M. Maja ist in den 70ern definitiv eine Vorreiterin, die sich als Werbesprecherin hoch arbeitet, zwar ohne Plan, aber mit Erfolg. Sie hat den richtigen Riecher und auch die richtigen Freunde. Nicht zu vergessen ist ihr liebenswerter Sohnemann Dennis. Woran es aber hapert, dass ist die Liebe …

Maja ist eine sexuell sehr offene Frau, und während sie allgemein als sehr emanzipiert beschrieben werden kann, konnte ich das ihrem Sexualleben nicht entnehmen. Im Übrigen ist der Schreibstil diesbezüglich recht keck. Im Verlauf ihres Lebens trifft Maja auf viele Männer, wobei sie sich teilweise sehr egoistisch verhält. Erst viel zu spät begreift sie, dass sie ihre große Liebe längst gefunden hat, da ist es dann schon fast zu spät. So ist das Glück immer nur ein Moment, aber als die ältere Maja zurückblickt, stellt sie fest, dass es von diesen glücklichen Momenten doch einige gegeben hat. Und sie ist zuversichtlich, dass noch mehr kommen mögen.

„Brav kann ich auch, bringt aber nix“ beinhaltet fast ein ganzes Leben und liest sich dementsprechend auch sehr interessant. Dennoch hat mit der tiefere Einblick in die Gefühlswelt von Maja gefehlt, so schreibt sie, dass Hanns nicht ihre große Liebe war, während sie zu dieser Zeit auch einen Roland liebte (Treue wird definitiv nicht groß geschrieben!), dennoch heiraten sie. Mir als Leserin hat sich das nicht erschlossen. Und auch am Anfang des Buches kommt es nach einem Casting zu einem kurzen Intermezzo der recht aufgeschlossenen Maja mit dem Chef, da stellten sich mir die Härchen auf und ich mir die Frage, tut sie das wirklich aus Lust – oder ist es eine Unsicherheit, eine peinliche Situation, der sie nicht entkommen kann? Ist Maja wirklich so emanzipiert? An manch einer Stelle hätte ich mir gewünscht, dass Maja ihre Gedanken, ihre Gefühlswelt den Leser besser verstehen lässt …

Das Buch hat sich sehr flüssig gelesen, wobei der Schreibstil seine Eigenheiten hat. Mal fühlte es sich an, wie eine Autobiografie, dann Roman und manchmal fast schon ein Ratgeber, wenn ich an das Kochrezept und die direkte Ansprache der Leser denke. Auch die dreimalige Wiederholung mancher Wörter hat sich mir nicht ganz erschlossen. Alles in Allem liest sich „Brav kann ich auch, bringt aber nix“ als sehr unterhaltsamer Roman, der fast ein ganzes Leben einer bemerkenswert unkonventionellen Frau wiedergibt.