Rezension

Keine Liebesgeschichte, sondern die Geschichte über eine toxische Beziehung und die notwendige Konsequenz - die Trennung

364 Tage - Sonja Reichel

364 Tage
von Sonja Reichel

Bewertet mit 1 Sternen

Der Klappentext verspricht eine »berührende Liebesgeschichte«, dies trifft meiner Meinung nach aber nicht zu. Eher handelt es sich bei diesem Roman um eine Geschichte über eine toxische Beziehung und die notwendige Konsequenz - die Trennung. Wie in der nachfolgenden Rezension zu lesen ist, konnte mich die Geschichte leider nicht überzeugen - schade. Dieses Buch durfte ich im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks lesen - herzlichen Dank dafür.

Darum geht's in »364 Tage«:

Nach einem zufälligen Kennenlernen auf der Strasse treffen sich Arvid und Sofie immer wieder, bis sie schliesslich ein Paar werden. Doch obwohl Arvid sie mit seiner attraktiven und aussergewöhnlichen Art fasziniert und es immer wieder schöne Momente zwischen ihnen gibt, ist Sofie von Anfang an klar, dass ihr das nicht reichen wird. Aus ihrer Sicht handelt es sich um eine »Dreiviertelliebe« - ausreichend für den Moment, aber auf lange Frist unbefriedigend. Dennoch schafft sie es über lange Zeit nicht, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und sich zu trennen. Stattdessen verbleibt Sofie in der toxischen Beziehung mit Arvid, in der es immer häufiger zu Beleidigungen, Unzufriedenheit und auch Gewalt kommt. Erst auf einer Reise nach Myanmar und Thailand beginnt sie, sich Gedanken über die mittlerweile beendete Beziehung zu machen...

 

Meine Meinung:

Der Roman ist aus Sofies Perspektive geschrieben und erzählt sowohl von der Geschichte der Beziehung von Sofie und Arvid als auch von ihrer Reise nach Myanmar und Thailand. Anfangs gibt es relativ viele Wechsel zwischen »Ich«-, »Du«- und »Er/Sie«-Perspektive, die den Lesefluss etwas beeinträchtigen. Mit der Zeit gewöhnte ich mich jedoch daran und kam gut mit den Wechseln zurecht. Zwischendurch gab es auch kurze Gedichte, deren Zusammenhang mit der gesamten Story mir nicht so klar war.

Auffallend war für mich der poetische Schreibstil. Die ungewöhnlichen, teilweise sehr kreativen Formulierungen fand ich spannend und zogen sich durch das ganze Buch.

Mit den beiden Protagonisten bin ich leider gar nicht warm geworden. Sofie wirkte sehr unentschlossen auf mich. Sie zweifelt ständig an ihrer Beziehung zu Arvid und kritisiert ihn pausenlos, ohne aber einmal für sich einzustehen, ehrlich zu sich selbst zu sein und dem Ganzen ein Ende zu bereiten - oder für die Beziehung zu kämpfen. Sie scheint wenig darüber nachzudenken, welche Anteile sie selbst an dieser toxischen Beziehung hat. Gegen Mitte und Ende des Buches war ihr unfaires und teilweise überhebliches Verhalten für mich überhaupt nicht mehr nachvollziehbar.

Arvid wird durch Sofies Perspektive natürlich in ein ziemlich schlechtes Licht gerückt. Auch er wirkt sehr unentschlossen und eitel. Seine fehlende Motivation, sein Leben anzupacken und etwas zum Positiven zu verändern, nervte nicht nur Sofie, sondern auch mich als Leserin. Die Nebencharaktere blieben überwiegend im Hintergrund und waren leider ziemlich farblos.

Aufgrund des Klappentextes ist von Anfang an klar, wie die Geschichte endet. Dennoch hoffte ich über eine lange Zeit des Buches, dass Sofie und Arvid einmal Klartext miteinander sprechen würden. Entweder, um sich aus dieser ungesunden Beziehung zu lösen, oder aber um für die Beziehung zu kämpfen. Dies passierte nicht. Stattdessen verstricken sich Arvid und Sofie in einen Strudel aus Unzufriedenheit, Brutalität und Gewalt.

Den Gedanken der Autorin, einen Roman über die »Generation Beziehungsunfähig« zu schreiben und sich mit der Frage zu beschäftigen, warum so viele Menschen in einer Beziehung bleiben, die ihnen mehr schadet als Freude bringt, fand ich als Ansatz sehr spannend. Da ich jedoch ganz andere Erwartungen an den Roman hatte, konnte er mich leider nicht überzeugen.

 

Fazit:

»364 Tage« ist definitiv kein Liebes- oder Wohlfühlroman. Die Geschichte zeichnet ein ziemlich düsteres Bild über Beziehungen und kritisiert die gesellschaftliche Ansicht, dass Paare insgesamt ein »besseres« Leben führen als Singles. Da ich mit einer ganz anderen Geschichte gerechnet hatte und ich mit beiden Protagonisten leider überhaupt nicht warm geworden bin, konnte mich das Buch nicht überzeugen - schade!