Rezension

Erotikroman mit vielversprechenden, aber problematischen Charakteren

Crossfire. Versuchung - Sylvia Day

Crossfire. Versuchung
von Sylvia Day

Bewertet mit 2.5 Sternen

Cover: Das Cover ist schlicht, aber meiner Meinung nach stilvoll und elegant. Es erinnert an die Cover der "Fifty Shades of Grey"-Bücher und damit weiß man direkt, was einen erwartet.

Originalität: Das Genre wird hier definitiv nicht neu erfunden. Junge Frau, attraktiver reicher Mann, spontane heftige Anziehung, eine Beziehung mit dunklen Seiten... Ja, kennt man alles schon, allerdings hat diese Umsetzung ein paar originelle Aspekte, wie z.B. die Persönlichkeit der Heldin.

Spannungsaufbau & Tempo: Hmm, eigentlich passiert in diesem Roman nicht viel an konkreter Handlung, es geht meistens um die Beziehung zwischen Gideon und Eva, seine verkorksten früheren Beziehungen, ihre teilweise traumatische Vergangenheit... Viel Spannung kam für mich dabei leider nicht auf. Da ich aber bei einem Erotikroman auch nicht viel an Spannung erwarte, war das für mich ok und ich habe deshalb doch noch durchschnittliche 2,5 Sterne für dieses Kriterium vergeben.

Charaktere: Eva war für mich erstmal eine positive Überraschung. Sie ist selbstbewusst und weiß, was sie will, sie hat Hobbies und Freunde, so dass sie für mich viel dreidimensionaler rüberkam als Anastasia Steele aus "50 Shades". Sie wirkt anfänglich wie eine starke junge Frau, die durchaus darauf pocht, dass zu einer Beziehung jedweder Art gegenseitiger Respekt gehört. Natürlich trifft sie dann Gideon Cross und ist direkt sprachlos vor Begeisterung über seine maßlose Attraktivität. Wirklich, dass sie nicht anfängt zu sabbern, ist auch alles!

Ihn mochte ich am Anfang gar nicht, er wirkt erstmal arrogant, selbstverliebt und völlig eindimensional auf Sex fixiert. Eva beschwert sich nicht zu unrecht, dass er sie behandelt wie eine Vagina auf Beinen. Im Laufe des Buches gewinnt er allerdings an Tiefe und kommt auch verletzlicher und damit liebenswürdiger rüber - was die Autorin allerdings in vielen Szenen wieder zunichte macht, in denen er sich benimmt wie der größte Mitkerl der Welt. Er ist außerdem ein fast noch größerer Stalker als Christan Grey! Er verfolgt Evas Bewegungen über ihre Kreditkarten-Transaktionen, er informiert sich über ihren Mietvertrag... Das wirkte auf mich eher krankhaft als romantisch.

Eva sagt selber an einer Stelle, dass auf jeden Moment, in dem sie sich mit ihm gut fühlt, viele Momente kommen, in denen sie sich fühlt wie ein Stück Dreck. Und aus der selbstbewussten jungen Frau wird langsam eine Frau, die sich selber ständig hinterfragt und sich für die Probleme in der Beziehung zum Teil ungerechtfertigt die Schuld gibt. Das fand ich sehr schade, denn Eva war mir als Charakter größtenteils sehr sympathisch! Gideon hatte für mich auch Potential, aber mit ihm verband mich eher eine Art Hassliebe.

Der einzige Charakter, den ich uneingeschränkt mochte, war Evas Mitbewohner, der für mich wirklich ein großartiger, liebenswerter Charakter war!

Schreibstil: Der Schreibstil ist eher einfach und strotzt vor klischeehaften Bezeichnungen für diverse Körperteile, die sich dann auch wieder und wieder wiederholen. Aber er lässt sich durchaus flüssig lesen.

Romantik: Romantik ist bei einem Erotikroman natürlich nicht unbedingt nötig und darf ruhig auch mal zweitrangig sein. Aber wenn es denn eine romantische Beziehung gibt, dann sollte sie für mich in sich schlüssig sein und wenigstens eine gewisse emotionale Tiefe haben, und das hat mir hier leider oft gefehlt.

Erotik: Die Erotikszenen lesen sich gut und sind größtenteils auch ansprechend und, naja, eben erotisch. Nur die Szenen, in denen sexuelle Traumata mit Sex quasi "geheilt" werden, gingen mir sehr gegen den Strich. (Siehe "Glaubwürdigkeit"!)

Glaubwürdigkeit: Eines der großen Mankos dieses Romans war für mich, wie mit Evas Vergangenheit umgegangen wird. Relativ schnell wird klar, dass sie Opfer sexueller Gewalt geworden ist und daher noch mit gewissen Triggern zu kämpfen hat. Aber es gibt ein paar Szenen, in denen ich mir dachte: so reagiert niemand, der vergewaltigt wurde! Zum Beispiel erzählt sie Gideon, was passiert ist, und das ist wirklich harter Tobak - und danach ist sie allen Ernstes enttäuscht und entgeistert, dass er in diesem Moment NICHT geil auf sie ist sondern betroffen und traurig. Und dann kriegt sie ihn natürlich doch so weit, direkt mit ihr ins Bett zu hüpfen. Später gibt es allerdings eine noch drastischere Szene... Ja, es ist ein Erotikroman, und der muss an sich nicht immer realistisch sein - aber meiner Meinung nach sollten solche problematischen Themen entweder gar nicht erst angesprochen werden oder eben einigermaßen sensibel behandelt werden.