Rezension

Die Schuld der Vergangenheit

Ohne Schuld -

Ohne Schuld
von Charlotte Link

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ungewollt gerät Seargent Kate Linville in einen neuen Fall: Im Zug von London nach York rettet sie eine Frau, die von einem Unbekannten mit einer Pistole durch die Waggons gejagt wird. Kate schafft es, die Frau zu retten, dem Täter gelingt allerdings die Flucht. Wenige Tage später wird ein Attentat auf eine junge Lehrerin verübt, hier fällt ebenfalls ein Schuss, der sie allerdings nicht tödlich verletzt. Zwei komplett unterschieche Fälle, die nur eines gemeinsam haben: Die Schüsse wurden aus derselben Waffe abgefeuert. Doch wo besteht der Zusammenhang? Kate Linville ermittelt und stößt auf Geheimnisse, die weit in eine Vergangenheit zurückreichen – eine Vergangenheit, in der Menschen eine tiefe Schuld auf sich geladen haben, ohne für diese jemals zur Rechenschaft gezogen worden zu sein.

„Ohne Schuld“ ist der dritte Band von Bestseller-Autorin Charlotte Links Reihe rund um die Ermittler Kate Linville und Caleb Hale. Die Hörbuch-Version wird von Schauspielerin Claudia Michelsen gelesen, deren Sprechstimme ich als angenehm weich und etwas rauchig wahrgenommen habe. Sie spricht deutlich und in passender Tonalität, dabei unaufgeregt und gut verständlich. Auch wenn ihre Sprechweise teilweise etwas monoton anmutet empfinde  ich es doch – gerade bei diesem spannenden Inhalt – als angenehm, ihr zu lauschen.

Insgesamt kommen in „Ohne Schuld“ sehr viele Personen vor, man muss aufmerksam lauschen, da die Verwechslungsgefahr durchaus gegeben ist. Leider wurden mir diesmal etwas zu viele Klischees bedient und insbesondere Robert Stewart sehr überzeichnet. Charlotte Link spielt ihm in diesem Band übel mit – das hat er meiner Meinung nach nicht verdient, wenn man ihn aus den Vorgängerbänden kennt. Da ich aus diesen auch Kate Linville und Caleb Hale kenne, bin ich hinsichtlich dieser beiden wohl etwas voreingenommen. Auch in „Ohne Schuld“ bleiben sie ihren Charakteren treu, die ich trotz ihrer Ecken und Kanten zu schätzen gelernt habe und nach kleineren Anlaufschwierigkeiten doch mag. Interessant finde ich, dass sie in diesem Band ihre Rollen tauschen und Kate diesmal den "offiziellen" Part der Ermittlungen übernimmt und Caleb ihr im Hintergrund assistiert.

Charlotte Link wirft uns Leser direkt ins Geschehen, das Buch startet actionreich und aufregend. Typisch für die Autorin entwickelt sich auch der weitere Handlungsverlauf in rasantem Spannungsbogen, so dass man immer weiterhören möchte, um den Geheimnissen auf die Spur zu kommen. Und davon gab es hier wirklich mehr als genug – teilweise sogar fast zu viele. Manchmal war es schwer, die einzelnen Handlungsstränge auseinander zu halten und oftmals habe ich kurz gebraucht bis ich verstanden habe, aus wessen Perspektive gerade erzählt wird. Link webt ein Netz aus Verstrickungen und Zusammenhängen, zahlreiche Andeutungen und die ein oder andere überraschende Wendung lassen den Hörer permanent miträtseln und Theorien entwickeln bzw. verwerfen. Wirklich emotional haben mich Sophias Perspektive und Saschas Schicksal mitgenommen, ansonsten habe ich den anderen Handlungssträngen eher gespannt als berührt gelauscht, da hohe Aufmerksamkeit gefordert war, um weiterhin durchzublicken und Zusammenhänge zu begreifen. Die losen Fäden entwickeln sich logisch aufeinander zu und ergeben am Ende ein stimmiges – wenn auch schockierendes – Ganzes. Schade nur, dass der spannende Beginn sich als Nebelkerze herausgestellt hat und nur Mittel zum Zweck war. Auch gab es für mich an einigen Stellen etwas viele „Zufälle“ und unlogische Szenen –  wohlwissend, dass diese aber notwendig sind, um die Handlung voranzutreiben. Punktabzug gibt es für mich für das grausame offene Ende der einzigen kompletten Sympathieträgerin der Geschichte. Natürlich kann man sich als Leser denken, wie es mit ihr weiterging, ich hätte aber trotzdem gerne einen Abschluss gehabt – auch was das weitere Schicksal der wirklich Schuldigen anging. Das Ende war für mich einfach unbefriedigend.

Insgesamt hat mir das Hörbuch gut gefallen, insbesondere der permanent hohe Spannungsbogen und die eingebauten Überraschungen. Allerdings hat es auch seine oben genannten Schwächen, die mir auch nach Beendigung des Hörbuchs noch nachhaltig negativ aufstoßen, so dass ich nicht rundum glücklich bin. Im Vergleich fand ich "Ohne Schuld" mein bisher schwächstes Buch von Charlotte Link, hatte dennoch eine gute Hör-Zeit. Ich empfehle, möglichst lange Teile direkt hintereinander anzuhören, da man sich doch recht konzentrieren muss, um Personen auseinanderhalten und Handlungsfäden nachvollziehen zu können.