Rezension

10 Minuten 38 Sekunden

Unerhörte Stimmen - Elif Shafak

Unerhörte Stimmen
von Elif Shafak

Bewertet mit 5 Sternen

Die Prostituierte Leila ist tot. Erschlagen liegt sie in einer Mülltonne. Doch sie hört nicht auf, an ihr Leben zu denken. So erzählt sie von ihrem Leben, ihrer Kindheit, von einer Mutter, die das eigene Kind an die Erstfrau des Mannes abgeben musste, von Missbrauch, Aufbruch, der Käuflichkeit ihres Körpers, aber vor allem auch von Freundschaft und Liebe.

10 Minuten und 38 Sekunden, heißt es laut einer Stunde, bleibt das Gehirn eines Menschen noch nach dem Tod aktiv. In diesen 10 Minuten und 38 Sekunden lässt uns Leila an ihrer Geschichte teilhaben. Eindringlich und zugleich gefühlvoll, charmant, zärtlich, selbstironisch, zornig. Elif Shafak spielt sprachlich gewandt auf einer Klaviatur der Gefühle. „Unerhörte Stimmen“ ist ein nachhaltiger Roman über Menschen am Rande der Gesellschaft. Die blumige aber zugleich unverblümte Sprache, die Schönheit der Sprache und die brutale Handlung stehen immer wieder in krassem Gegensatz. Die türkische Autorin erzählt von der Härte der Stadt, den Menschen Istanbuls gegenüber denen, die am Rande existieren. Prostituierte, Transgendermenschen, Kleinwüchsige, Frauen auf der Fluch vor brutalen Ehemännern, ihnen allen gibt Elif Shafak eine Stimme. Eine Stimme, auf die es sich zu hören lohnt!