Rezension

1913 – Florian Illies

1913 - Florian Illies

1913
von Florian Illies

Hitler vertickert seine selbstgemalten Aquarelle zuerst in Wien und dann in München. Oswald Spengler schreibt den Untergang des Abendlandes herbei. Kaiser Wilhelm II geht fleißig auf die Jagd, lässt sich ein Denkmal für seine Treffsicherheit setzen. Marcel Duchamp überwindet seine Schaffenskrise und montiert das Vorderrad eines Fahrrades samt Gabel auf einen Küchenschemel. Die künstlerische Avantgarde arbeitet an der Moderne, die von anderen schon wieder abgeschrieben wird. Es ist das Jahr 1913.

Die Krise liegt in der Luft: Serbien und Bulgarien führen Krieg. Der Burnout der Jahrhundertwende heißt Neurasthenie. Robert Musil ist monatelang krankgeschrieben (und beginnt den „Mann ohne Eigenschaften“), Kafka geht aus dem gleichen Grund zum Arzt. Die Kunst der Moderne ist geprägt von der neuen Wissenschaft der Psychologie, Schnitzler erfasst künstlerisch das, was Freud gleichzeitig wissenschaftlich erarbeitet.

Der Expressionismus wirft sein Licht schon auf die heraufdämmernde Katastrophe des Weltkrieges. Florian Illies fügt das Jahr 1913 anekdotisch-chronologisch zusammen. Heraus kommt ein zersplittertes Zeitbild, das Zusammenhänge zwischen Personen und zwischen Geschehnissen durch eine neue Sicht der Dinge deutlich macht. Auch wenn man viele Protagonisten und Ereignisse kennt, Illies überrascht immer wieder durch neue Einsichten, neue Verbindungen. Das Anekdotische macht „1913“ so lesenswert , die Parallelen, die der Autor aufzeigt, machen die Zukunft so spannend.

Kommentare

Cthulhu kommentierte am 05. November 2013 um 09:50

Ich liebe es!