Rezension

2091 - Wenn der Klimacomputer die Weltherrschaft anstrebt

Qube - Tom Hillenbrand

Qube
von Tom Hillenbrand

Bewertet mit 3.5 Sternen

Im Jahr 2091 hat die Menschheit bereits zwei Mal die Kontrolle über den Klimacomputer Æther verloren. Ehe Æther beim "Turing-Zwischenfall II" die Herrschaft über den Planeten  übernehmen konnte, wurde die KI gerade noch rechtzeitig vor einem Super-GAU zerstört und das Internet  offline gestellt. Australien, Shanghai und Miami sind bereits im Meer versunken und die Weltbevölkerung ist erheblich geschrumpft. Gegen die Folgen des Klimawandels scheinen die Menschen eher dilettantisch vorzugehen. Die uns bekannte Welt des Internets und der Sozialen Medien wurde inzwischen gewendet und auf Links gedreht. Wer vertrauliche Informationen schützen will, verlässt  sich wieder auf schriftliche Notizen, die von den Überwachungstechnologien nicht gelesen werden können. Handschrift sticht die ehemals überlegenen Speicher-Möglichkeiten für Informationen. Mithilfe des „Descartes-Hacks“ kann man 2091 Körper und Geist trennen, das menschliche Gehirn durch eine digitale Kopie (Cogit) ersetzen und beliebig holographisch dekorierte Kopien von sich auf die Welt loslassen. Eine Sicherheitskopie von sich selbst kann sehr nützlich werden, falls ein Klon im Weltraum verloren gehen sollte ...  Zentrales Thema scheint Forschung mit dem Ziel zu sein, die Lebensdauer persönlicher Klone zu verlängern. Verschwörungstheorien, dass inzwischen eine neue KI die Weltherrschaft anstrebt, scheinen nicht mehr abwegig.

In mehreren Handlungssträngen begegnen wir dem Journalisten Calvary Doyle, der Agentin Fran Bittner, die von sich sagt, dass sie in keine Schublade passt, der Profi-Gamerin Persia und dem Kind Ivar, der in seinem Dorf als Adept für eine Priester/Magier-Kaste ausgewählt wird. Auf der Suche nach dem kostbaren wie gefährlichen Qube wird Persia zum Werkzeug von Mächten, die sie kaum einschätzen kann.

Mit Hologrammatica und Qube schafft Tom Hillenbrand ein originelles Szenario um die Frage, wie die Menschheit die Geister wieder loswerden will, die sie mit der digitalen Welt schuf. Einzelne technische Errungenschaften wie der „Crawler“ als Transportmittel machen beim Lesen zwar Laune, Hillenbrands utopische Welt besteht jedoch zum großen Teil aus Name-Dropping, ohne dass Themen vertieft werden. Utopische Romane halten sich selten mit der differenzierten Darstellung von Figuren auf – so ist es auch hier. Persia fand ich als Figur leider so schwach gezeichnet wie ihre Gamerwelt in banalen Worten beschrieben wird. Bei Online-Fantasy-Spielen würden mir als Verben "gehen, stehen, sehen" nun wirklich zu allerletzt einfallen. Frans großes Potential als Figur wird leider kaum ausgeschöpft.  Auf immerhin 560 Printseiten konnte Tom Hillenbrand weder meine technische Neugier befriedigen noch seinen Figuren Persönlichkeit geben.