Rezension

3. Band der Kinder-des-Bergmanns-Reihe

Der Beginn eines neuen Tages - Heidrun Hurst

Der Beginn eines neuen Tages
von Heidrun Hurst

Bewertet mit 5 Sternen

Das Jahr 1632 soll für Jakob Selzer einiges bereithalten, doch noch ahnt er nichts von seinem schweren Weg, den er gehen muss. Im Laufe der Kampfeinsätze (des Dreißigjährigen Krieges) hat er einige seiner engsten Freunde verloren. Sie sind nur noch zu sechst, bestehend aus seinen Freunden Balthasar, Clauß, Peter, Magdalena, Jakob selbst und seinem treuen Hund Aaron. Derzeit kämpft er auf Seiten Gustav Adolfs, doch nach sieben Jahren ist er des Kämpfens müde. Drei Jahre muss er noch durchhalten, dann kann er seinen Abschied nehmen und zu einer Elisabeth zurückkehren und sie endlich zur Frau nehmen. Dann erreicht ihn jedoch ein Brief von Elisabeth, in dem sie ihm nur mitteilt, dass sie geheiratet hat. Jakob ist am Boden zerstört, sind doch all seine Zukunftspläne hin, noch dazu hat sie ausgerechnet Andreas Selzer zum Mann genommen. Wie konnte ihm nur ein solches Unglück widerfahren? Enttäuscht wendet er sich Magdalena zu, die schon lange ein Auge auf ihn geworfen hat, doch ob das die richtige Entscheidung ist? Magdalena war von jeher bereit, fast alles zu tun, um Jakob für sich zu gewinnen. Als Peter bei einem Gefecht schwer verwundet und zum Krüppel wird, beschließen die fünf, dass das Kämpfen für sie ein Ende hat und sie desertieren werden, um irgendwo ein neues Leben anzufangen. Ein gefährlicher Plan ...

 

Jakobs Schwester Bärbel hingegen hat ganz andere Sorgen. Das Findelhaus platzt aus allen Nähten und immer noch kommen weitere Kinder, die ein Dach über den Kopf brauchen. Zudem taucht auch noch Frau Abendrot auf und fordert von Bärbel die Herausgabe ihres Enkelkindes, ist dieses Kind doch alles, was ihr geblieben ist, nachdem ihr Sohn Martin, der Vater des Kindes, verstorben ist. Bärbel und ihr Mann, Pfarrer Sebastian Liebig, sind nicht gewillt, das Kind herauszugeben und gestatten Frau Abendrot lediglich, das Kind unter Aufsicht kennen zu lernen. Anfänglich ist die Großmutter enttäuscht, dass es sich bei ihrem einzigen Enkelkind um ein Mädchen handelt und sie es nicht mit sich nehmen kann, doch irgendetwas ist an dem Kind, dass die alte Frau immer wieder zum Findelhaus führt. Sebastian hingegen hat mit seinen eigenen Dämonen zu kämpfen. Er selbst ist noch geschwächt von der Seuche, die vor kurzem um sich griff und die ihm zehn seiner Findelkinder genommen hat. Auch wenn er weiß, dass er alles zu ihrer Rettung getan hat, kommt er über diesen Verlust einfach nicht hinweg. Sein einziger Lichtstreif am Horizont ist Gabriel, eines seiner ersten Findelkinder, welcher bei einem Drucker in die Lehre geht. Am liebsten sähe es Sebastian, dass Gabriel einst seine Nachfolge als Pflegevater antreten würde, doch Gabriel ist glücklich mit dem Druckerhandwerk.

 

Elisabeth ist alles andere als glücklich in ihrer Ehe mit Andreas, zumal es von ihrer Seite her keine Liebeshochzeit war, sondern lediglich dazu diente, ihrer Mutter einen Hexenprozess zu ersparen und sie in Sicherheit zu wissen. Andreas selbst erdrückt sie mit seiner Liebe und Eifersucht und es wird im Laufe der Zeit immer schlimmer. Er bekommt cholerische Anfälle und schlägt seine Frau. Im Nachhinein tut es ihm immer leid, doch Elisabeth weiß, dass er sie wahrscheinlich eines Tages umbringen wird, wenn er sich nicht unter Kontrolle bekommt. Doch Angst, Angst hat die junge Frau nicht, denn wovor sollte sie noch Angst haben? Sie hat bereits alles verloren, was ihr wichtig war: ihre Freiheit, ihr Glück, ihre Liebe zu Jakob. Er mag sie schlagen und ihr versuchen, all ihre Erinnerungen zu nehmen, aber brechen, brechen wird Andreas sie nie. Wie verderbt ihr Mann ist, müssen seine Mutter, sie und seine Schwester am eigenen Leib erfahren, als Söldner den Selzer-Hof überfallen. Um sein "Eigentum", sprich seine Frau, weiterhin nur für sich zu beanspruchen, überlässt er der Männerhorde seine Schwester. Spätestens jetzt ist den Frauen auf dem Selzer-Hof klar, was für ein Tyrann das Familienoberhaupt ist und dass ihr Leben in seinen Augen nichts wert ist, außer natürlich das von Elisabeth, denn sie ist sein Eigentum. Doch was noch niemand ahnt - Jakob ist auf dem Weg in ein neues Leben ...

 

 

Der 3. Band der Kinder-des-Bergmanns-Reihe! Der Plot wurde wieder spannend und abwechslungsreich erarbeitet. Ich konnte mich hier nur schwer entscheiden, mit welchem Plotpart ich nun am meisten mitgefiebert habe - Jakob / Elisabeth oder Bärbel? Ganz ehrlich, ich bin immer noch nicht dahinter gekommen, welche dieser Leben mich am meisten fesselte und ich denke, so sollte es sein. Die Figuren wurden authentisch und facettenreich erarbeitet. In diesem Buch beeindruckte mich vor allem Elisabeth, denn sie war nicht gewillt, sich voll und ganz den Konventionen der damaligen Zeit zu unterwerfen und ihrem Mann aufs Wort zu gehorchen, auch wenn sie schmerzhaft erfahren musste, dass ihr Mann das ganz anders sah. Ich muss gestehen, auch die Nebencharaktere wurden ausgesprochen reizvoll dargestellt. Ich habe nicht mit einer solchen Wandlung bei Frau Abendrot gerechnet und auch Klara (Andreas Mutter) und Katharina haben mich ausgesprochen positiv überrascht - ich sag nur: Frauenpower! Den Schreibstil kann ich nur wieder als fesselnd beschreiben, ja es war sogar so schlimm, dass ich das Buch gar nicht aus der Hand legen mochte, weil ich unbedingt wissen wollte, wie die Geschichten um Jakob / Bärbel / Elisabeth enden und ich sag nur so viel: Ich wurde nicht enttäuscht. Leider endet an dieser Stelle die Trilogie, obwohl ich sehr gerne noch mehr über diese überaus faszinierenden Figuren erfahren hätte und über ihr Leben, aber wer weiß, man soll ja niemals nie sagen, oder?