Rezension

35 Mädchen. Eine Krone. Und die Chance ihres Lebens.

Selection - Kiera Cass

Selection
von Kiera Cass

In einer Welt, die von mehreren Weltkriegen gespalten wurde, ist die Gesellschaft des Staates Illeá in Kasten aufgeteilt und America Singer gehört einer der niedrigeren an. Auf jeden Auftrag angewiesen, damit ihre Familie zumindest genug zu essen hat, eröffnet sich ihr auf einmal eine unglaubliche Chance, als das Casting für die zukünftige Braut von Prinz Maxon, dem Thronfolger von Illeá, veranstaltet und America dazu eingeladen wird. Ihre Mutter ist begeistert, doch der Wunsch, ihre Familie der Armut zu entreißen, ringt mit Americas Herzen, das sie an ihre heimliche große Liebe Aspen verloren hat und den sie nicht einfach aufgeben will, nur um sich mit 34 anderen Mädchen um einen Prinzen zu streiten, den sie überhaupt nicht liebt, und doch findet sie sich plötzlich in einem Wettkampf um das Herz des Prinzen – und um die Krone wieder.

Noch so ein Buch, gegen das ich mich lange gewehrt habe, weil es für mich zu sehr nach dem Bachelor klang und ich mit einer Menge Zickenkrieg rechnete und, wie ja schon fast obligatorisch geworden für Jugendbücher, dazu noch mit einer verzwickten Dreiecksgeschichte. Was soll ich sagen? Ich bin auch nur ein Mädchen und das Cover ist einfach nur traumhaft und hat mich schließlich doch dazu gebracht, das Buch zu lesen – und ich kann euch versichern, ich war lange nicht mehr so gespalten nach einem Buch. Denn obwohl Selection in meinen Augen einige Macken hat und ich mich immer wieder über die Charaktere, vor allem die Protagonistin America, aufgeregt habe, konnte ich es doch einfach nicht weglegen und war gefesselt von der Geschichte.

Wo ich mir ein zauberhaftes Märchen von Cover und Klappentext versprochen habe, wurde ich tatsächlich mit dem erwarteten Zickenkrieg konfrontiert, der jedoch hauptsächlich von America ausging und nicht von ihren Konkurrentinnen. Natüüüürlich muss die Protagonistin wieder anders sein als alle anderen Mädchen. Einerseits rechne ich es ihr hoch an, dass sie Aspen gewissermaßen treu bleiben will beziehungsweise sich Maxon nicht direkt an den Hals wirft, weil sie ihre große Jugendliebe noch immer liebt. Doch dafür dass sie dann nur an dem Casting teilnimmt, weil ihre Familie für jede Woche, die sie im Palast verbringt, großzügig entschädigt wird, und dem Prinzen dann ihr großes Mundwerk anhängt – und damit durchkommt, weil sie ja so besonders ist – finde ich einfach etwas zu viel. Das wird mit dem Fortgang der Geschichte auch leider nicht besser. America ist launisch und hat ihren eigenen Kopf, dem sich aber auch Maxon als Prinz beugen muss. Einerseits trauert sie immer wieder Aspen hinterher und betont immer wieder, dass sie nur wegen des Geldes – und des Essens – im Palast bleibt und dann ist sie doch eifersüchtig, wenn Maxon Zeit mit den anderen Mädchen verbringt. Sie weiß überhaupt nicht was sie will und wenn Maxon dann tatsächlich mal etwas nicht durchgehen lässt, ist er auf einmal nicht mehr an ihr interessiert, sondern will nur ein Spielzeug fürs Bett. Das ist einfach nur… argh, wirklich.

Diese Frage war schwer zu beantworten. Wäre ich bereit, ein Leben zu führen, das ich mir niemals gewünscht hatte? Würde ich es bereitwillig ertragen, wenn er sich mit den anderen Mädchen traf, um auf Nummer sicher zu gehen? Würde ich einen Teil der Verantwortung übernehmen wollen, die er als Prinz zu tragen hatte? Würde ich ihn lieben können?

Maxon ist natürlich nicht der verwöhnte Prinz, für den man ihn vielleicht halten mag, sondern interessiert sich für die Belange seines Volkes und auch für die Frauen, die um sein Herz konkurrieren. Wieder so ein Klassiker, aber gegen Americas Eskapaden ist er ein perfekter Ausgleich und ein liebenswerter, sympathischer Charakter, charmant und großmütig – ein Prinz zum Träumen. Und wenn sie nicht gerade wieder eine ihrer Launen hat, dann sind er und America wirklich süß zusammen.

Tja und gerade wenn es gut läuft … enter the other Love Interest. Wegen seines dämlichen Stolzes hat Aspen America sitzen lassen und plötzlich taucht er wieder in ihrem Leben auf und tut so, als hätte er ihr nicht das Herz gebrochen und als könnten er und sie einfach wieder dort ansetzen, wo sie aufgehört haben – und America macht auch noch mit, um die Dreiecksgeschichte auch schön kompliziert zu machen.

Leider geht der dystopische Teil in der Liebesgeschichte und den Kampf um Maxon sehr unter. Zu Illeás Geschichte erfährt man erst sehr spät und sehr wenig etwas. Zwar stören Rebellenangriffe mehrmals das Casting, doch auch die rücken wieder in den Hintergrund, nachdem die Aufregung verflogen ist, und der Kampf um die Krone geht weiter, so dass das Gefühl entsteht, dass die Autorin einfach nur das Kastensystem brauchte, um es möglichst kompliziert für America und ihre beiden Männer zu machen, was sehr schade ist. Denn aus der Hintergrundgeschichte hätte man definitiv mehr machen können, aber vielleicht folgt das ja noch in den nächsten Bänden.

Vordergründig eine Liebesgeschichte mit teilweise nervigen Charakteren, vermag Selection einen doch in seinen Bann zu ziehen und nicht eher loszulassen, bis man das Buch durch hat, und die Geschichte um America und ihren Prinzen bietet gute Unterhaltung, ist trotz der Schwächen lesenswert und bringt einen sicher zum Träumen, wenn man romantisch angehauchte Geschichten mag.