Rezension

4,5 Sterne: Hoch spannender, wendungsreicher Thriller mit starker weiblicher Hauptfigur

Todeskäfig - Ellison Cooper

Todeskäfig
von Ellison Cooper

~ Mit „Todeskäfig“ hat Ellison Cooper das Rad nicht neu erfunden, aber sie hat einen unterhaltsamen, gelungenen Thriller geschrieben, der mit seinem flüssigen, anschaulichen Schreibstil, seiner starken, intelligenten Hauptfigur und seinem wendungsreichen, gelungenen Plot glänzen kann. Der Autorin gelingt es das ganze Buch über, das Tempo und die Spannung auf einem hohen Niveau zu halten, wodurch sich die Geschichte zu einem Pageturner voller falscher Fährten entwickelt. Das Miträtseln macht großen Spaß! Lediglich manchen Nebenfiguren hätte mehr Individualität gut getan, ihnen fehlt das gewisse Etwas, eine einzigartige, besondere Persönlichkeit. So bleiben einige leider blass und austauschbar. Ein großes Lob hat die Autorin dafür verdient, dass sie viele leitende Positionen mit starken Frauenfiguren besetzt und so in ihrem Thriller gegen die gläserne Decke anschreibt. Insgesamt kann ich euch „Todeskäfig“ also nur empfehlen: Taucht ein in Sayers Welt und geht mit ihr auf Mörderjagd – ihr werdet es nicht bereuen! ~

Inhalt

Special Agent Sayer Altair wird zu einem Mordfall gerufen: Ein Mädchen wurde in einem Käfig tot aufgefunden, sie ist verdurstet. Ungewöhnlich ist, dass sie nicht alleine war: Ein kleiner Welpe leistete ihr Gesellschaft und kann lebend geborgen werden. Auf Sayer, die zur leitenden Ermittlerin gemacht wird, lastet großer Druck. Dann taucht ein Hinweis auf, dass ein weiteres Opfer gerade ebenfalls in einem Käfig um Leben und Tod kämpft. Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt…

Übersicht

Einzelband oder Reihe: Band #1 der Reihe um Agent Sayer Altair, Band #2 wird auf Englisch voraussichtlich im Juli erscheinen
Verlag: Ullstein Taschenbuch Verlag
Seitenzahl: 496
Erzählweise: Figuraler Erzähler, Präteritum
Perspektive: aus weiblicher Sicht geschrieben (Sayer), einzelne Kapitel aus der Sicht der Opfer oder anderer Ermittler
Kapitellänge: angenehm kurz
Tiere im Buch: +/- Hundewelpen und Kätzchen werden in diesem Buch gequält und in einem Fall sogar getötet. Gleichzeitig werden die Tiere von anderen Personen aber sehr liebevoll umsorgt und behandelt. Einmal nimmt eine Person einen Welpen ungesichert im Beiwagen eines Motorrades mit – vollkommen unverantwortlich und lächerlich gefährlich meiner Meinung nach. Da konnte ich nur den Kopf schütteln!

Warum dieses Buch?

Im Vorfeld habe ich sehr viel Gutes über dieses Buch gehört, daher wollte ich es unbedingt lesen. Auch der Klappentext und die Leseprobe konnten mich sofort überzeugen.

Meine Meinung

Einstieg (♥)

Der Einstieg ist mir sehr leicht gefallen, sofort war ich in der Geschichte angekommen. Wir begleiten zwei Polizisten zu einem Einsatz, der gänzlich anders abläuft, als diese ihn sich vorgestellt haben. Ein Cliffhanger schürt schon am Beginn die Neugier. Hier gibt es keine lange, langweilige Einleitung, sondern einen direkten, interessanten Einstieg – so muss das sein!

Schreibstil (+)

Den Schreibstil empfand ich als sehr angenehm und flüssig. Für einen Thriller ist er optimal geeignet, weil er gleichzeitig sehr anschaulich und atmosphärisch ist und genauso gut Emotionen vermitteln wie Spannung erzeugen kann. Auch Humor blitzt immer wieder durch, was mir sehr gut gefallen hat. Bei alledem ist die Sprache angemessen komplex und wirkt niemals zu einfach oder gar lieblos – ich war absolut glücklich mit dem Schreibstil und bin bestimmt auch deshalb so schnell mit dem Buch vorangekommen.

„Hinter dem Absperrband hatte sich bereits eine kleine Schar von Schaulustigen zusammengefunden, deren neugierige Gesichter in der Abenddämmerung im Licht der Einsatzfahrzeuge abwechselnd rot und blau aufleuchteten.“ E-Book, Position 237

Inhalt, Themen, Botschaften & Ende (+)

Mit „Todeskäfig“ erfindet die Autorin das Rad nicht neu, aber sie macht vieles richtig. Ellison Cooper hat sich einen kreativen, wendungsreichen und unterhaltsamen Plot ausgedacht, durch den sich ihr Thriller von anderen abhebt. Ich habe mich immer sehr darauf gefreut, abends wieder in Sayers Welt einzutauchen und mit ihr auf Mörderjagd zu gehen. Besonders gut gelungen sind die Beschreibungen der polizeilichen Ermittlungen. Man ist bei jeder Entdeckung ganz nah dran am Geschehen und kann den Ermittelnden über die Schulter schauen. Dabei sind die Erkenntnisse häufig wirklich absolut überraschend und unerwartet – es handelt sich hier glücklicherweise nicht wie bei Chris Carters „Blutrausch“ um Dinge, die man sich als Leserin schon vor zwanzig Seiten zusammengereimt hat. Ich habe gelesen, dass manche die detaillierte Ermittlungsarbeit langweilig fanden – ich hingegen war fasziniert davon und sehr interessiert daran. Themen wie Trauer, Einsamkeit und Freundschaft werden mit für einen Thriller angemessener Tiefe behandelt – dennoch ist hier natürlich noch Luft nach oben. Kleinere Widersprüche und Ungereimtheiten kann ich  problemlos verzeihen.

Zwischendurch werden immer wieder interessante Studien und Informationen über Serienkiller eingestreut. Laut Autorin handelt es sich hierbei um echte, wissenschaftliche Fakten. Ich war daher ziemlich begeistert von den neuen Erkenntnissen, die ich hier gewinnen konnte. Das Ende und den Showdown fand ich ebenfalls gelungen, auch wenn es nicht besonders innovativ, sondern eher thrillertypisch ausfällt.

„Wissenschaftliche Studien belegen, dass Menschen, die etwas Warmes zu trinken in der Hand haben, automatisch entspannter sind und daher auch eher bereit zu reden.“ E-Book, Position 2265

Protagonistin und Figuren (+/-)

Die Hauptfigur hat mir sehr gut gefallen. Sie ist eine starke, unabhängige Frau, die Motorrad fährt und beruflich sehr erfolgreich ist. Sayer ist intelligent, sehr sympathisch und hat glaubwürdige Stärken und Schwächen. Ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen, ihr Verhalten fast immer nachvollziehen und habe ihr sehr gerne über die Schulter geschaut. Sehr geschätzt habe ich an ihr auch, dass sie sehr empathisch ist und sich oft nichts sagen lässt, sondern selbstbewusst eigene Entscheidungen trifft und zu diesen steht. Nur selten konnte ich ihr Verhalten oder das anderer Figuren nicht nachvollziehen und fand es unrealistisch oder sehr unklug. Ein Beispiel: An einer Stelle fand ich, dass die schlimmen Verletzungen einer Figur extrem verharmlost werden, weil getan wird, als hätte sich junge Person nur wenige Tage später ihr schweres Schicksal akzeptiert. Das finde ich absolut unglaubwürdig, hier hätte man mehr in die Tiefe gehen müssen.

Auch bei den Nebenfiguren merkt man, dass die Autorin sich bemüht hat, sie dreidimensional zu zeichnen und verschiedene Facetten von ihnen zu zeigen. Jedoch ist das leider oft nicht gelungen – einige Figuren wirken austauschbar und blass, statt einzigartig, lebendig und unvergesslich. Sie hätten in jedem „typischen“ Thriller vorkommen können. Leider konnten sie mich nicht so berühren und sich in mein Herz schleichen, wie ich mir das gewünscht hätte. Ein Beispiel für einen Thriller mit ganz wunderbaren Charakteren ist Daniel Coles „Hangman“ – ich kann euch die Reihe nur wärmstens ans Herz legen.

„Wenn der Partner angeschossen wurde, drückten einem alle ihr Beileid aus, aber unter dem Mitgefühl schwang auch noch etwas anderes mit. Eine unausgesprochene Frage. ‚Warum hast du ihm keine Deckung gegeben? Warum warst du nicht für ihn da?‘“ E-Book, Position 1836

Spannung & Atmosphäre (♥)

„Todeskäfig“ – kaum zu glauben, dass es sich hier um ein Debüt handelt! – macht vieles richtig, auch was den Spannungsaspekt betrifft. Durch die kurzen Kapitel und die atmosphärische Spannung, die die Autorin von Beginn an aufbaut und das ganze Buch über halten kann, entsteht ein hohes Tempo. Ich bin nur so durch das Buch geflogen, die relativ hohe Seitenzahl (fast 500) habe ich dabei kaum bemerkt. Die Autorin legt gekonnt viele falsche Fährten (nicht nur einmal bin ich einer solchen gefolgt) und verwöhnt uns mit vielen unerwarteten Wendungen und gelungenen Cliffhangern, die nicht zu dramatisch und konstruiert wirken. An den richtigen Stellen wurde gekürzt und der Inhalt kurz zusammengefasst – auch das fand ich beim Lesen sehr angenehm. Die Atmosphäre ist oft von Unruhe geprägt, voller Neugier rätselt man mit und versucht die Bösen zu entlarven. Die Stimmung im Buch hat mich sehr an „Blutrausch“ von Chris Carter erinnert – nur ohne die Schwächen des genannten Thrillers.

Feministischer Blickwinkel (♥)

In dieser Kategorie muss ich ein Herz vergeben: Zum einen wird auf Vielfältigkeit geachtet, da die Hauptfigur dunkelhäutig ist, zum anderen hat sich die Autorin nicht nur für eine starke, intelligente Protagonistin entschieden, sondern generell viele Frauen in Führungspositionen eingesetzt. In vielen (vor allem von männlichen Autoren geschriebenen) Thrillern ist das Geschlechterverhältnis oft sehr unausgewogen – nicht jedoch hier: Frauen leiten die Ermittlungsarbeiten, sind leitende Rechtsmedizinerinnen, Direktorinnen des FBI oder schlicht stark und mutig. Anti-feministische Männer und Chauvinisten wie der Profiler wirken in solch einem Umfeld ungefährlich und lächerlich. Für das Aufbrechen von Geschlechterstereotypen hat die Autorin ein großes Lob verdient. Alleine schon deswegen werde ich das Buch weiterempfehlen!

Mein Fazit

Mit „Todeskäfig“ hat Ellison Cooper das Rad nicht neu erfunden, aber sie hat einen unterhaltsamen, gelungenen Thriller geschrieben, der mit seinem flüssigen, anschaulichen Schreibstil, seiner starken, intelligenten Hauptfigur und seinem wendungsreichen, gelungenen Plot glänzen kann. Der Autorin gelingt es das ganze Buch über, das Tempo und die Spannung auf einem hohen Niveau zu halten, wodurch sich die Geschichte zu einem Pageturner voller falscher Fährten entwickelt. Das Miträtseln macht großen Spaß! Lediglich manchen Nebenfiguren hätte mehr Individualität gut getan, ihnen fehlt das gewisse Etwas, eine einzigartige, besondere Persönlichkeit. So bleiben einige leider blass und austauschbar. Ein großes Lob hat die Autorin dafür verdient, dass sie viele leitende Positionen mit starken Frauenfiguren besetzt und so in ihrem Thriller gegen die gläserne Decke anschreibt. Insgesamt kann ich euch „Todeskäfig“ also nur empfehlen: Taucht ein in Sayers Welt und geht mit ihr auf Mörderjagd – ihr werdet es nicht bereuen!

Den Folgeband werde ich auf jeden Fall auch lesen.

Empfehlung: Ellison Cooper schreibt wie Chris Carter – nur besser! Seinen Fans sei dieses Buch also wärmstens ans Herz gelegt.

Bewertung

Idee, Themen, Botschaft: 5 Sterne
Worldbuilding: 5 Sterne ♥
Einstieg: 5 Sterne ♥
Schreibstil: 5 Sterne
Protagonistin: 5 Sterne
(Neben)Figuren: 3,5 Sterne
Atmosphäre: 4 Sterne
Spannung: 5 Sterne ♥
Ende: 4 Sterne
Emotionale Involviertheit: 3,5 Sterne
Feministischer Blickwinkel: ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀,5 Lilien

Dieses Buch bekommt von mir zufriedene viereinhalb Lilien!

Kommentare

hobble kommentierte am 12. März 2019 um 06:17

Was fürs Wunschregal

Bellamy kommentierte am 23. April 2019 um 14:49

Wünsche dir viel Spaß bei der Lektüre! :)