Rezension

"Aber du musst es ernst meinen. Ich will keine Niete ziehen. Keinen Feigling, der kneift."

Mein Herz und andere schwarze Löcher - Jasmine  Warga

Mein Herz und andere schwarze Löcher
von Jasmine Warga

Bewertet mit 3 Sternen

INHALT

Aysel wohnt in einer Kleinstadt in Kentucky und fühlt sich einsam und alleingelassen. Alleingelassen von ihrem Vater, der Schuld trägt an einer schlimmen Tragödie. Alleingelassen von ihrer Mutter, die in Aysel zu viel von ihrem Vater erkennt. Alleingelassen von ihrer Halbschwester, die einfach zu anders ist als sie selbst. Und Alleingelassen von der ganzen Stadt, die mit ihr nur die Tat ihres Vaters verbindet. Die Einsamkeit und die Angst zu werden wie ihr Vater frisst sie innerlich auf. Das Gefühl wird so schlimm, so dass sie letztendlich an Depressionen leidet und ihren Selbstmord plant. Doch sie fühlt sich nicht bereit dazu diesen letzten Weg alleine zu gehen. Sie sucht sich einen Partner, der gemeinsam mit ihr in den Selbstmord geht. 

"Eigentlich weiß' ich nur eins mit Sicherheit: Ich will nicht hierbleiben und herausfinden, ob ich ein Monster werde wie mein Vater. Das kann ich meiner Mom nicht zumuten. Das kann ich der Welt nicht zumuten." ~ S.43

Im Internet trifft sie auf Roman, der ganz in ihrer Nähe wohnt und lediglich ein Jahr älter ist. Das Schicksal hat mit Roman und Aysel etwas ganz anderes vor und so finden sie kurz vor ihrem geplanten Selbstmord die Liebe. Die Gefühle der beiden zueinander macht es schwieriger ihren Plan durchzuziehen, aber sie wollen nicht feige sein. Sie wollen keine 'Nieten' sein und es durchziehen. 

"Aber du musst es ernst meinen. Ich will keine Niete ziehen. Keinen Feigling, der kneift." ~ S.45 

 

MEINUNG 

Jasmine Warga führt den Leser mit viel Gefühl und Bedacht an ein sehr sensibles Thema heran. Sie versteht es auch jungen Lesern ein wenig die Hintergründe von Depressionen und Selbstmordgedanken näher zubringen und darzulegen, dass man einen Ausweg finden kann. Dass das Leben eben doch lebenswert sein kann und es Hoffnung gibt. Doch obwohl sie wirklich schöne Metaphern verwendet, kann mich der Schreibstil einfach nicht überzeugen. Es werden sehr kurze Sätze verwendet und plötzlich kommen lange verschachtelte Sätze, wenn man sich gerade an die kurzen Sätze gewöhnt hat. Da ich die Originalversion nicht kenne, weiß' ich nicht ob es dort besser gelöst ist. Da im Englischen allgemein mehr kurze Sätze benutzt werden und es dort einfach besser passt, denke ich, dass in diesem Fall der Übersetzer die Sätze eben eins zu eins übersetzt hat - allerdings ist dies nur meine Vermutung. Da mich das Buch nicht vom Hocker gerissen hat, werde ich mir sicherlich nicht die englische Version kaufen, um meine Theorie zu überprüfen. Für ein Jugendbuch ist der Schreibstil sicherlich in Ordnung, aber mich konnte er einfach nicht packen.

Das Buch liest sich wirklich sehr schnell und so habe ich die knapp 400 Seiten in einem Rutsch durchgelesen. Nicht einmal ein Tag und es lagen Seiten voller Gefühl und Hoffnung hinter mir. Aysel kommt ganz sympathisch rüber; sie wirkt weder zur erwachsen, noch zu kindlich. Roman fühlt sich schuldig und man möchte ihnwachrütteln und einfach in den Arm nehmen. Man wünscht sich richtig, dass er endlich erkennt, dass das Leben auch schöne Seiten hat. Es ist schade zu sehen, dass sich die beiden Charaktere so sehr in ihre Dunkelheit zurückgezogen haben und die schönen Seiten des Lebens nicht mehrwahrnehmen können. Zwischendurch flossen auch bei mir ein paar Tränen, dennoch konnte mich das Buch nicht allzu sehr packen und ist stellenweise etwas stumpf. Besonders das Ende wurde viel zu schnell und abrupt abgehandelt.

"In meinem Bauch ist ein Brennen und Ziehen, das sich gar nicht anfühlt wie die Schwarze Qualle, die mein Glück auffrisst. Da wo sonst unerträgliche Schwere ist, fühle ich jetzt eine perlende Leichtigkeit." ~ S.289

FAZIT 

Ein Buch zwischen Trauer und Hoffnung, welches mir ein paar nette Stundenbeschert hat. Kann man lesen, muss man aber nicht. Man wird sich hinterher auf jeden Fall nicht ärgern, denn Jasmine Warga geht wirklich sehr schön mit diesem sensiblen Thema von Selbstmord um. Ihr gelingt es durch alltägliche SituationHoffnung in den Charakteren, und besonders in Aysel, aufkommen zu lassen.

"Kann es sein, dass die Dunkelheit den Sieg davonträgt, weil sie uns einredet, dass wir sie in uns verschließen müssen, statt sie loszulassen?" ~ S.343