Rezension

Abgedreht

Krass -

Krass
von Martin Mosebach

Bewertet mit 3 Sternen

Ralph Krass ist ein reicher Geschäftsmann, aber vor allem eine Authorität, ein Blender und Verschwender. Er versammelt Menschen um sich, "Subjekte", die er in Besitz nimmt, sie aus ihrem Leben entrückt. Mit ihnen reist er von Neapel nach Frankreich, bis alles auseinanderbricht und noch bizarrere Formen annimmt.

Der Roman ist wunderlich, eine seltsame Geschichte mit Charakteren, die in ihren Unzulänglichkeiten und Skurilitäten gezeigt, ja eher verhöhnt und bloßgestellt werden. Die eigenwillige Dynamik untereinander, dann der unvermittelte Abbruch der gemeinsamen Reise, die Einsamkeit der zurückgelassenen Einzelnen mit ihren merkwürdigen Anwandlungen - alles ziemlich grotesk.

Hinzu kommt die auffallend provokative, ausschweifende und abgedrehte Erzählung. Ganze Passagen scheinen sich schwer in die Geschichte einzufügen und ziehen sich in die Länge. Auffallend sind die lyrischen Ausschweifungen, die sehr zum Nachdenken anregen und mehrmals gelesen auch verständlich werden. Dagegen sind die eingestreuten unpassenden Fremdwörter und abstrusen Sprachbilder eher störend. Da ist zum Beispiel das Bild des Wildschweinmannes im Zug, dem man Zartheit entlocken könne (Seite 52), oder das der Frau, die wie ein großes Mädchen nackt auf dem Bidet mit den Händen plätschert, wie mit "zwei paddelnden Entenfüßen; das Pelzchen war triefnass" (Seite 31). Alles scheint ein einziger Kampf zu sein und mittendrin der narzistische Herr Krass. So ist die Sprache durchzogen von hemmungslosen, brachial-kriegerischen Ausdrücken.

Die ganze Erzählung scheint anecken zu wollen, alles fällt aus dem Rahmen und das passt dann auch wieder zum Titel: krass.

Dieser Roman ist am Ehesten was für Literaturbegeisterte, die sich auch durch ungewöhnliche Passagen nicht abschrecken lassen und der lyrischen Form etwas abgewinnen können. Immerhin ist es eine Erzählung, die durch detaillierte Charakterbeschreibungen, ungewöhnliche Konstellationen und Gesellschaftsanalysen auffällt und darin wohl ihren Reiz entfaltet.

Eine ungewöhnliche Erzählung über die Absurdität menschlichen Lebens. Über 500 Seiten, die vollkommen aus dem Rahmen fallen. Sehr anspruchsvoll. Einfach nur: krass.