Rezension

Abgesang

Der letzte Satz - Robert Seethaler

Der letzte Satz
von Robert Seethaler

Bewertet mit 3 Sternen

Mit dem Titel seines neuen Romans ( Novelle würde ich eher sagen), „Der letzte Satz“, gibt Robert Seethaler die Stimmung schon vor. Es handelt sich um einen Abgesang, ein sehr melancholisches Stückchen Prosa. 
Seethaler erzählt von Gustav Mahlers letzter Reise auf einem Ozeandampfer, der Rückkehr aus der Neuen in die Alte Welt, aus den USA nach Europa. 
So sitzt denn der berühmte Komponist und Dirigent an Deck des Schiffes, in Erwartung des nahenden Todes, und lässt sein Leben Revue passieren. 
Nebenbei bedient und befragt von einem Schiffsjungen, erinnert er sich an Stationen seines Lebens. 
Neben der alles beherrschenden Musik, denkt er vor allem an das Leben mit seiner Frau Alma, die ihn allerdings längst mit Walter Gropius betrügt, und an seine Töchter Maria, die schon verstorben ist, und Anna. 
Es sind Erinnerungen des Glücks und des Schreckens. 
Bei all diesen Gedanken und Gefühlen bleibt Seethaler seinem Protagonisten gegenüber seltsam verhalten. Dieser Mahler wirkt distanziert und steif. Von Leidenschaft ist die Rede, welche man aber nicht fühlen kann. 
Zu kurz, ja, fast fragmentarisch erscheint die Erzählung und, nein, es ist kein großer Wurf! 
Es gibt eine großartige Passage, wenn Mahler bei Auguste Rodin für eine Büste Modell sitzt. In der Beschreibung dieser kurzen Begegnung blitzt Seethalers enormes Können auf. Leider bleibt es dabei. 
„Man kann über Musik nicht reden, es gibt keine Sprache dafür. Sobald Musik sich beschreiben lässt, ist sie schlecht.“ 
Das lässt Seethaler Mahler zu dem Schiffsjungen sagen, als dieser ihn fragt, was für eine Musik er mache. 
Diese Erklärung scheint der Autor sich leider auch für die literarische Beschreibung Mahlers Leben zu eigen gemacht zu haben, und vertraut darauf, dass der Leser den Protagonisten schon irgendwie durch die ständige Aufwallung dessen Gefühle verstehe. 
Hört man Mahlers Musik, dann kann man all das, was dieses Roman - Fragment behauptet, fühlen: Die Qual, die Unsicherheit, das Zweifeln, die Liebe, das Grauen. 
Mahlers letzter Satz der 9. Symphonie, die hier wohl gemeint ist, war Teil eines Meisterwerks- Seethalers letzter Satz ist keines.