Rezension

Abgeschnitten - Dreamteam Fitzek&Tsokos

Abgeschnitten - Sebastian Fitzek, Michael Tsokos

Abgeschnitten
von Sebastian Fitzek Michael Tsokos

Fitzek und Tsokos thematisieren in ihrem gemeinsamen Werk die Ungerechtigkeit in unserem Rechtssystem. Warum werden Steuersünder härter bestraft als Kinderschänder? Rechtsmediziner Paul Herzfeld soll am eigenen Leib erfahren, wie ein ungerechtes Urteil zu Selbstjustiz und einer vergifteten Seele führt. Seine Tochter wird entführt und eine Spur aus Leichen soll ihn zu ihr hinführen.

Herzfeld beschreibt es zum Ende der Story ganz treffend: "Ich hab ja keine Steuern hinterzogen, nur einen Menschen umgebracht. Was soll mir da schon groß passieren?" Das Problem von zu milden Urteilen interessiert mich wahnsinnig, daher gefiel mir die Auseinandersetzung der Autoren mit dem Thema sehr gut. Die beigefügten Zeitungsausschnitte aus dem "Stern", dem "Tagesspiegel" oder der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" fand ich sehr gut gewählt und hielten dem Leser vor Augen: das ist Realität. Für einen Kinderschänder vergeben Gerichte Bewährungsstrafen, Resozialiserungsmaßnahmen, während Steuersünder mit Gefängnis für viele Jahre rechnen müssen.

Obwohl es sich hier um eine Zusammenarbeit von Autoren handelt, ist Fitzeks Handschrift deutlich zu lesen. Typisch für Fitzek schafft er einen spannenden Handlungsstrang, der uns von Kapitel zu Kapitel zieht. Die Autoren wissen sehr gut Spannung zu erzeugen und so war für mich "Abgeschnitten" ein Pageturner den ich in wenigen Tagen ausgelesen hatte. Die Story ist ähnlich wie Der Augenjäger mit vielen Wendungen und Überraschungen gespickt. Wie ich negativen Rezensionen entehmen konnte empfanden einige dies als konstruiert und unglaubwürdig, dennoch gefiel mir "Abgeschnitten" deutlich besser als "Der Augenjäger".

Wir treffen auf insgesamt vier Psychopathen, drei entführten Mädchen, ein geheimnisvolles Mädchen, zwei Helfern und drei Handlungsorten. Fitzek springt viel hin und her und konstruiert ein kompliziertes Storygeflecht. Und gerade diese Story konnte mich überzeugen. Fitzeks und Tsokos Ideen und Auflösungen sind zwar grenzwertig und man kann sie durchaus als überzogen sehen, dennoch habe ich mich sehr gut unterhalten gefühlt und war mit dem Ende zufrieden. Der "Punkt" den die Autoren rüberbringen wollten war bei mir angekommen.

Einen Stern ziehe ich ab, da der Prolog meiner Meinung nach sich nicht perfekt in das Gebilde der Handlung eingefügt hat. Hier werden Personen nur angerissen und man hat das Gefühl das einem hier ein Teil der Geschichte fehlt bzw. eine zweite sich irgendwie in den Haupthandlungsstrang reingemogelt hat. Dieses Puzzelteil wollte nicht so wirklich passen, daher insgesamt vier zufriedene Sterne für eine spannende Story und einen interessanten Hintergrund.

"Denn Hoffnung ist nicht anders als eine Scherbe im Fuß, die ewig schmerzt, bis man sie endlich hinauszieht."