Rezension

Abgründe auf Sylt

Finsteres Kliff - Sabine Weiß

Finsteres Kliff
von Sabine Weiß

Bewertet mit 4 Sternen

~~Liv Lammers hat an ihre Heimatinsel nicht nur gute Erinnerung. Nach einem Bruch mit der Familie meidet sie Sylt, aber da die Mordkommission Flensburg auch für Gewaltverbrechen auf der Insel zuständig ist, muss sie notgedrungen auch dort ermitteln.

Ein junger Hobbyarchäologe wurde am Morsumer Kliff bei den alten Hügelgräbern ermordet aufgefunden, ausgerechnet am Abend des traditionellen Biikefeuers, und es sieht aus, als habe ein Wikingeropferritual stattgefunden. Kurz danach wird die Freundin des Opfers vermisst. Es gibt Gerüchte, dass ein alter Wikingerschatz gefunden wurde und so ermittelt Liv in einer sehr aktiven Szene, die sich ganz dem Leben und der Religion nach der alten Wikingertradition verschrieben haben. Was hat diese Gruppe mit den Verbrechen zu tun oder sind die alten Historien vielleicht nur ein Blendwerk für die Ermittlungen?

Die Autorin lässt ihre Protagonistin in ein ganz fremdes Sylt eintauchen, es ist nicht die Welt der Schickimicki Urlauber in ihren feinen Restaurants und Boutiquen. Sie wirft einen Blick auf die alte Geschichte der Insel, die Ausgrabungen und wie diese Vergangenheit auch die heutige Bevölkerung prägt. Da treffen zwei sehr verschiedene Welten aufeinander. Wenn gebürtige Sylter heute zum Festland pendeln müssen, weil sie die Mieten und Lebenshaltungskosten nicht mehr stemmen können und wenn andere gut am Touristenboom verdienen, birgt das sehr viel Zündstoff.

Der Krimi ist unglaublich fesselnd geschrieben und der historische Hintergrund war für mich neu und interessant. Es brachte aber auch eine ziemliche Brutalität in die Geschichte, die ich bei einem Regionalkrimi nicht unbedingt erwartet habe, es war aber trotzdem sehr stimmig und ich fand es nicht aufgesetzt oder zu vordergründig inszeniert.

Die Figur der Liv Lammers finde ich sehr sympathisch. Sie ist eine Frau, die sich nie vereinnahmen lässt, der ihre Familie viel bedeutet, auch wenn sie mit Vater und Schwester gebrochen hat. Ihren Eigensinn lebt sie aus, auch wenn sie dabei manchmal übers Ziel hinausschießt und sich zu gefährlichen Alleingängen hinreißen lässt. Das macht die Bücher von Sabine Weiss sehr lebendig und neugierig auf die weitere Entwicklung von Liv.

Außerdem gefällt mir der differenzierte Blick auf Sylt, die hier so ganz anders beschrieben wird.