Rezension

Absolut Empfehlenswert

Stern des Nordens - D. B. John

Stern des Nordens
von D. B. John

Bewertet mit 5 Sternen

Vor zwölf Jahren verschwand die Zwillingsschwester von Dr. Jenna Williams spurlos von einem Strand in Südkorea. Jenna glaubt nicht an Ertrinken. Es tauchen Hinweise auf, dass ihre Schwester nach Nordkorea entführt wurde. Als nun die CIA sie wegen ihrer Sprachkenntnisse und ihrem Wissen über Nordkorea rekrutieren möchte, nimmt sie den Job auch aus Eigeninteresse an - sie will ihre Schwester finden.
Zur gleichen Zeit kämpft in einer Provinz in Nordkorea die alte Bäuerin Frau Moon täglich ums Überleben, bis sie eine überraschende Entdeckung macht und einen Entschluss fasst. In Pjöngjang wird aufgrund einer anstehenden Beförderung der familiäre Hintergrund des gutsituierten Parteifunktionärs Cho überprüft - und er ahnt Schlimmes. Beide beginnen, am System zu zweifeln …

In mehreren, voneinander völlig unabhängigen Handlungssträngen gestaltet sich der Einstieg in die Geschichte nicht ganz einfach, da ich mich mit den mir nicht geläufigen koreanischen Namen und den vielen unbekannten Figuren zunächst schwer tat, bis ich einen Überblick hatte. Es dauert eine Weile bis die Rollen der Protagonisten klar erkennbar werden, und die Handlungsstränge schließlich schlüssig zusammengeführt werden. Die Geschichte liest sich insgesamt gut und ist interessant, ist für meine Begriffe jedoch auf den ersten 300 Seiten eher als Roman einzustufen, in dem sich die Protagonisten langsam zu komplexen Hauptfiguren in ihrem jeweiligen Umfeld entwickeln und wirklich Gestalt annehmen, und ein detailliertes Bild der unterschiedlichen Kulturen in den USA und Nordkorea, bzw. der gesellschaftlichen und kulturellen Hintergründe der verschiedenen Schichten in Nordkorea gezeichnet wird. Erst danach nimmt das Geschehen richtig Fahrt auf, fesselt und wird äußerst spannend, sodass ich auf den letzten 200 Seiten das Buch nicht mehr aus der Hand legen wollte.

Der Autor D. B. John zeichnet ein erschreckendes Bild des totalitären Staates Nordkorea, zumal bei aller Fiktion spätestens im Anhang klar wird, dass viele realistische Elemente enthalten sind. Er schildert ein mir weitestgehend unbekanntes Regime aus zwei verschiedenen Sichten, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten. Gleichzeitig zeigt er, wie schnell man ohne eigene Schuld, einzig durch seine Abstammung, vom protegierten und gefeierten Parteifunktionär zum Geächteten und Verfolgten werden kann, der eigentlich keine Überlebenschance hat - anschaulich, nachvollziehbar und realitätsnah. Die detaillierte Beschreibung brutaler Szenen hält sich erfreulicherweise in Grenzen, sodass zartbesaitete Gemüter in ihrem Kopfkino die Möglichkeit haben, eine abgemilderte Version der grausamen und stellenweise wirklich menschenunwürdigen Szenen zu sehen, die in bestürzender Weise an das dritte Reich erinnern. Fast bin ich froh, dass mich vereinzelte überzogene Aktionen der Protagonisten, und auch die ein oder andere unrealistische Entwicklung der Geschichte, zwischendurch immer mal wieder in die Gegenwart zurückholen.

Fazit:
Überaus interessanter, und ab der Mitte auch spannender Thriller mit authentischen Figuren, aber auch vereinzelten Längen, der insbesondere durch seine anschaulichen Schilderungen und seine greifbare Atmosphäre fesselt