Rezension

Absolut überraschend und tiefgründig

Notizen eines Gewinners - Gerrit C. Paulson

Notizen eines Gewinners
von Gerrit C. Paulson

Verstört, gefesselt, erstaunt, fasziniert – so bleibe ich nach der Lektüre der Notizen eines Gewinners zurück

Paulo ist Dachdecker, Ende 20 und eigentlich ganz zufrieden mit seinem Leben, als er 12 Mio € im Lotto gewinnt. Er kann sein Glück kaum fassen, gibt allen Freunden und Bekannten Bescheid, wirft das Geld mit vollen Händen raus und schmeißt erstmal eine gigantische Party in seiner neu erworbenen 40-Zimmer-Villa. Er genießt es, finanziell unabhängig zu sein und sich seine größten Wünsche erfüllen zu können.

Doch die Medaille hat auch eine Kehrseite. Seine Freunde werden weniger und bleiben schließlich ganz weg, durch die Kündigung seines Jobs hat Paulo zuviel Zeit zum Nachdenken und die anfängliche Euphorie über den Gewinn wandelt sich um in eine tiefe Lebens- und Sinnkrise.

Ich muss zugeben, dass ich völlig falsche Erwartungen an das Buch hatte. Ich bin davon ausgegangen, dass es sich bei dem Protagonisten um einen Menschen handelt, der viele Gewinnspiele mitmacht und seinen Mitmenschen mit den kleinen und großen Gewinnen Freude bereitet. Vielleicht habe ich auch ein paar Tipps erwartet, da ich selbst zu den Menschen gehöre, die hobbymäßig Gewinnspiele mitmachen. Stattdessen ist es ein Drama mit vielen Gedanken zum Sinn des Lebens, zu Gott und zum Leben allgemein. Das hat mich völlig überrascht und ich war anfangs sehr skeptisch.

Die helle Schrift und das ungewöhnliche Schriftbild fand ich anfangs sehr gewöhnungsbedürftig. Auch der Schreibstil hat mir anfangs nicht so sehr gefallen. Der Leser nimmt quasi ununterbrochen an der Gedankenwelt des Protagonisten teil und ich befürchtete am Anfang, dass mich das irgendwann langweilt und dass meine Bewertung zwei Sterne nicht überschreiten würde. Stattdessen hat der Autor es geschafft, mich von Seite zu Seite immer mehr zu fesseln, so dass ich das Buch zum Schluss nicht mehr aus der Hand legen konnte. Die Begegnung des Protagonisten mit imaginären Personen (ich will hier nicht zu viel verraten) hat etwas Faszinierendes. Zeit wird nebensächlich. Das wird im Buch wunderbar herausgearbeitet. Der Protagonist kommt trotz aller Probleme sehr sympathisch rüber, liebenswürdig. Dabei stimmt mit ihm etwas nicht, und zwar gewaltig. Die ganze Problematik offenbart sich langsam, aber stetig und steigert sich um Ende des Buches hin. Dabei ist dieses Ende eindeutig, und doch offen gehalten. Es bleibt der Phantasie des Lesers überlassen, jedoch wurde ich nicht unbefriedigt zurück gelassen. Für mich passt das Ende.

Das Buch entwickelte sich für mich wirklich zu einer Offenbarung. Dieser ganz andere Blick auf die Welt ist faszinierend. Zugleich wirkt die Art und Weise, wie der Protagonist damit umgeht, sehr verstörend auf mich. Das Buch polarisiert und hat mich extrem gefesselt, so dass ich es einfach nicht mehr aus der Hand legen konnte. Daher gebe ich 5 von 5 Sternen und eine uneingeschränkte Leseempfehlung. Der Leser sollte sich jedoch im Klaren sein, dass es keine leichte Kost ist.