Rezension

Absolute Leseempfehlung

Die Hochzeit der Chani Kaufman - Eve Harris

Die Hochzeit der Chani Kaufman
von Eve Harris

Bewertet mit 5 Sternen

Ich hatte zwar bisher nur Gutes von diesem Buch gehört, aber es ist doch trotzdem immer wieder schön wenn man merkt, dass es stimmt. Trotz Empfehlung konnte mich „Die Hochzeit der Chani Kaufmann“ noch positiv überraschen. Und das als Debütroman! Ich bin begeistert.

Die vielen Ebenen auf denen Harris das Leben bei den orthodoxen Juden schildert, haben mir sehr gefallen. Wir haben da natürlich Chani: Neunzehn Jahre jung, lebensfroh, klug, etwas vorlaut und bald verheiratet mit einem Mann, den sie eigentlich gar nicht kennt. Aber um ihr Elternhaus verlassen zu können und selbstständig zu werden muss sie heiraten. Chani zeigt wunderbar den Zwiespalt zwischen Angst und Vorfreude, den die jungen Frauen in der orthodoxen Gemeinde auszustehen haben. Dabei ist sie in ihrer Art einfach unschlagbar sympathisch.

Dann haben wir Avromi, den Sohn des Rabbis der sich die Freiheit errungen hat auf einer sekulären Uni studieren zu dürfen. Hier hat er sich prompt in ein Mädchen verliebt, das eine Gojete, eine Ungläubige ist. Er ist hin und hergerissen zwischen dem Leben das er kennt, der Gemeinschaft die er liebt und deren Regeln er achtet und den aufregenden neuen Gefühlen, der Freiheit, dem Verbotenem und den Schuldgefühlen.

Großartig fand ich auch die Geschichte der Rebezzin Revka. Mit ihr erfahren wir viel über das Leben in der Gemeinde, über Zwänge und Kompromisse aber vor allem ist die Geschichte interessant, wie sie überhaupt in die Gemeinschaft hineingekommen ist. Denn im Gegensatz zu Chani und Avromi war sie nicht immer Teil der orthodoxem Gemeinde, in der ihr das Leben und ihre Ehe zusehends zu eng zu werden scheinen.

Ich mochte die Gegensätze sehr, die Harris beschreibt. Die reiche Familie Levy gegenüber der armen Familie Kaufmann. Das bunte und offene religiöse Leben in Jerusalem gegenüber dem grauen und verschlossenen in England. Die „orthodoxe Form“ der Liebe mit Heiratsvermittlerin und verschämten Dates zwischen zwei Personen, die sich eigentlich gar nicht kennen und das Verliebtsein in einen Außenstehende gegen alle Regeln und ohne jede Zukunft. Die vielen Blickwinkel aus denen Harris berichtet haben mich beeindruckt. Dazu ihre wunderbaren Charaktere wie die freche Chani, der verstockte Baruch, die egoistische Mrs Levy, die ruhige Revka, die immer irgendwie zwischen beiden Welten hängt und die ich unglaublich gern hatte.

Die Diskussionen zwischen Chani und ihrer Schwiegermutter in Spe sind einfach herrlich. Bissig, frech und auf den Punkt. Genauso wie die Unterhaltungen mit der Heiratsvermittlerin Mrs Gelbman. Hier kann man sich amüsieren, während an anderen Stellen Trauer und Unverständnis vorherrschen.

Ich war sehr froh, Deborah Feldmanns Autobiografie „Unorthodox“ vorher schon gelesen zu haben. Teilweise überschneiden sich die Themen stark und da ich Feldmanns Buch kannte, wusste ich, wie realistisch Harris schreibt. Dadurch, dass Harris natürlich einen Roman und keine Biografie geschrieben hat, konnte sie ihn viel bunter, voller und abwechslungsreicher gestalten. Ich war sehr begeistert von diesem lebendigen Roman, der mal witzig und mal ernst daherkommt. Der oft nachdenklich und traurig ist aber letztlich doch immer hoffnungsvoll bleibt. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung!