Rezension

Abwechslungsreicher historischer Roman

Die Muskatprinzessin - Christoph Driessen

Die Muskatprinzessin
von Christoph Driessen

Bewertet mit 4 Sternen

„...Ein Gefühl tiefer Fremdheit und Verlassenheit ergriff sie, doch gerade da begannen die Glocken zu läuten. Eva konnte zwar keinen Kirchturm erkennen, aber dies Klänge waren ihr vertraut...“

 

Die 18jährige Eva Ment ist die Tochter eines Amsterdamer Bierbrauers. Seit dem Tod der Mutter kümmert sie sich auch um den 17jährigen Bruder Gerrit. Der gibt sich dem leichten Leben hin.

Dann eröffnet der Vater Eva, dass der Generalgouverneur der Vereinigten Ostindischen Compagnie um ihre Hand angehalten hat. Jan Pieterdzoon Coen ist mehr als zwanzig Jahre älter als sie. Erst will Eva nicht, doch zwei Ereignisse zwingen sie, der Heirat zuzustimmen.

Der Autor hat einen spannenden und abwechslungsreichen historischen Roman geschrieben. Die Geschichte lässt sich flott lesen.

Die Personen werden gut charakterisiert. Evas Markenzeichen sind ihre rote Haare. Ich hatte fast den Eindruck, dass die einer der Grüne waren, warum Jan um Eva geworben hat. Liebe konnte es jedenfalls nicht sein. Eva sieht sich selbst so:

 

„...Sie war weder schön noch hässlich, weder schlau noch dumm, weder gut noch schlecht. Ihr Französischlehrer […] hatte ihr einmal gesagt, das sei ganz normal; ihre Persönlichkeit müsse sich im Laufe ihres Lebens erst noch herausbilden...“

 

Letzteres wird im Laufe der Handlung geschehen. Eva lässt sich nicht verbiegen. Sie bringt ihre Empathie ein.

Jan Coen ist eine ehrgeiziger Mann. Seine Frau ist für ihn Mittel zum Zweck. Sie hat sich allein nach seinen Wünschen zu richten. Zärtlichkeit ist kein Thema.

Kurz nach der Hochzeit hat es Jan eilig, nach Bavaria in Ostindien abzureisen. Es ist sein Traum, die Stadt und ihre Umgebung zu einer blühenden niederländischen Kolonie zu machen. Für Eva bedeutet das einerseits Repräsentationspflichten wahrzunehmen, andererseits wird ihre Freiheit stark eingeschränkt.

Sehr anschaulich stellt der Autor die Zeitverhältnisse da. So erlebe ich, dass die Erkenntnisse über den weiblichen Körper auch im frühen 17. Jahrhundert nicht allzu weit fortgeschritten waren.

In Bavaria lebt ein vielschichtiges Völkergemisch. Dort wird Eva erstmals mit Sklaven konfrontiert. Das widerstrebt ihrem Gerechtigkeitssinn.

Spannend war die Schiffsreise. Der kurze Aufenthalt am Kap der Guten Hoffnung sorgt für einen Ruhepunkt, denn die Reise war für Eva alles andere als ein Vergnügen.

 

„...Es stampfte unter ihr in der Hölle. Ein gleichmäßiges, quälendes Stampfen. […] Die Hölle stand nicht still. Sie war in Bewegung...“

 

Nicht nur bei diesem Aufenthalt wird die Überheblichkeit des weißen Mannes deutlich. Das Eingangszitat beschreibt die Ankunft des Schiffes in Batavia.

In Batavia wird Eva bestaunt.

 

„...Rote Haare sind in Asien in der Tat völlig außergewöhnlich. Außerdem ist Rot für die Chinesen, von denen hier sehr viele leben, die wichtigste Farbe überhaupt. Es ist die Farbe des Glücks und der Freude...“

 

Für die Freiheit, die sich Eva nimmt, zahlt sie einen hohen Preis. Doch sie hat Menschen an ihrer Seite, die sie mögen. Ein positiver Lichtblick ist der dortige Pfarrer. Er prangert ungeniert die Sünden der Compagnie an, auch wenn ihm Coen unverblümt droht, denn für den Profit ist jeder Weg recht. Da kann man auch mal ein ganzes Volk ausrotten. Dann aber kommt es zum Krieg um Batavia. Er mischt die Karten neu.

Ein inhaltsreiches Nachwort trennt Realität von Fiktion.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es zeigt, welchen Preis schon damals die einheimischen Völker für die Gewürze zahlen mussten, die in Europa teuer verkauft wurden.