Rezension

Äußerst spannend und zugleich informativ

Stern des Nordens - D. B. John

Stern des Nordens
von D. B. John

Bewertet mit 4 Sternen

Nordkorea ist in der Weltpolitik isoliert und für die Öffentlichkeit weitestgehend unbekannt. Entsprechend spielt der Herrschaftsbereich der Kim-Dynastie auch in unserer Unterhaltungsliteratur keine Rolle. Umso bemerkenswerter und faszinierender ist der authentische, bereits in mehrere Sprachen übersetzte Politthriller „Stern des Nordens“ des Briten D. B. John, der im September beim Verlag Wunderlich/Rowohlt erschien und unbedingt lesenswert ist. In drei verschiedenen Handlungssträngen, die John am Ende geschickt verbindet, lernen wir das wohlsituierte Leben der nordkoreanischen Funktionärskaste in Pjöngjang kennen, das erbärmliche Vegetieren der Landbevölkerung nahe dem Hungertod sowie die Angst der USA vor nordkoreanischer Raketenbedrohung und das klägliche Ringen der CIA um Informationen.

Als Leser begleiten wir in der Hauptstadt den Parteifunktionär Cho und dessen Familie, die in treuer Ergebenheit zum „Geliebten Führer“ Kim Jong-il ein gutes Leben führt. Cho macht Karriere, wird sogar Unterhändler in den USA. Erst seine Abstammung, die bei weiterer Beförderung des einstigen Waisenkindes aufgedeckt wird, macht ihn trotz höchster Verdienste urplötzlich zum Staatsfeind. Parallel dazu lernen wir in der Provinz die Bäuerin Moon kennen, die wie als Markthändlerin ums Überleben kämpft. Als eine der Marktfrauen verhaftet wird, entwickelt sich Moon, die trotz aller Indoktrination durch die Partei in einer verborgenen Ecke ihres Herzens sich noch etwas Selbstbewusstsein bewahren konnte, zur furchtlosen Stimme des Widerstands. Beim Bankett in den USA trifft Funktionär Cho die Halbkoreanerin Jenna, offiziell Wissenschaftlerin und Korea-Expertin, neuerdings Undercover-Agentin des CIA. Sie will nicht nur ihre vor zwölf Jahren von den Nordkoreanern entführte Zwillingsschwester aus den Fängen Kim Jong-ils befreien, sondern soll in Nordkorea zwecks Informationsbeschaffung hochrangige Überläufer anwerben.

Der Politthriller „Stern des Nordens“ ist auf den ersten Blick ein spannender Agentenkrimi. Doch nicht nur der Handlungsort Nordkorea macht ihn zum ungewöhnlichen und lesenswerten Buch, sondern die vom Autor D. B. John geschaffene Authentizität der Handlung, über die wir einen tiefen Einblick in das uns unbekannte Land bekommen. Unzählige Details zeigen die besondere Sachkenntnis des Autors: John hatte 2012 als einer der Wenigen die seltene Gelegenheit, Nordkorea zu besuchen. Seitdem beschäftigte er sich mit der auch im Buch-Anhang gelisteten Fachliteratur. Zudem lebte er viele Jahre in Südkorea. Schließlich wurde er als Korea-Kenner zum Co-Autor des 2015 erschienenen New-York-Times-Bestseller "Schwarze Magnolie: Wie ich aus Nordkorea entkam" der Nordkoreanerin Hyeon-seo Lee, die 1997 während der großen Hungersnot über die chinesische Grenze geflohen war.

„Stern des Nordens“ ist unbestritten ein spannender Politthriller, als Drehbuchvorlage für einen Hollywood-Blockbuster bestens geeignet. Vor allem aber ist dieser Roman eine Wissenssammlung, aus der wir unwissenden Leser viele Details über dieses Land erfahren, die im Anhang durch entsprechende Fachliteratur verifiziert werden. In diesem Wissen verzeiht man dem Autor auch gern stellenweise Längen zugunsten der Sachinformation. Auch sieht man klaglos über das etwas allzu filmreife Finale hinweg, wenn Agentin Jenna im Sonderzug des Diktators wie eine Lara Croft mit der ‎Kalaschnikow AK-47 um sich schießt, dessen Leibgarde niedermetzelt und mit dieser Aktion schließlich den Herztod des „Geliebten Führers“ herbeiführt.