Rezension

Aktuell, brisant - packend!

Der Patriot - Pascal Engman

Der Patriot
von Pascal Engman

Bewertet mit 4.5 Sternen

Es beginnt mit einem Blick auf die ätzenden Auswüchse von Twitter und Co.  – und dann der grausame Mord an der Journalistin Hannah Löwenström. Nach diesem Einstieg nicht weiter verwunderlich, geht es hart und gnadenlos  zur Sache, an nahezu allen Fronten. Mit seinen Figuren hat der Autor wenig Erbarmen, er opfert sie stellenweise brutal und grausam, bleibt dabei jedoch einigermaßen sachlich, was es für mich umso authentischer macht.

Der Plot bietet vier Handlungsstränge und jede Menge interessanter Figuren um ein Thema, wie es aktueller kaum sein könnte.

Erzählt wird in stetem Wechsel zwischen den Perspektiven, mit kleinen und größeren Cliffhangern, die wirklich gut gesetzt sind und mich ab und an in Versuchung geführt haben, mal eben fix weiterzublättern *g*. Jedoch war ich jedes Mal binnen kurzem von den Geschehnissen des jeweils nächsten Stranges genauso gefesselt.

Die Wechsel erfolgen zwischen:

August, Schwede und ehemaliger Fremdenlegionär, sein Part beginnt in Chile,  als Leibwächter eines russischen Mafioso.

Ibrahim, 1985 aus Syrien nach Schweden eingewandert, eine wunderbare Figur, mit Zivilcourage und Mitgefühl, doch er liebt seine Familie, insbesondere seine Tochter über alles…

Madeleine Winther, Journalistin beim Nyhetsbladet, ehrgeizig und berechnend, wirkt die meiste Zeit wie ein kaltherziges Luder, im Gegensatz zu Ibrahim so gar keine Sympathieträgerin. Ihre Methoden und Mittel die Karriere voranzubringen sind grenzwertig. Auch wenn im Laufe der Geschichte Gründe für ihre problematische Persönlichkeit offenbar werden, fehlt mir für sie jegliches Verständnis. 

Carl Cederhielm, 35 J., mit narzisstische Zügen, aus reichem Haus und bislang eher erfolglos, vor allem in den Augen seines Vaters. Er schlägt einen schrecklichen Weg ein um sein Leben mit Sinn zu füllen, siehe Kurzbeschreibung. Mit Lars und Fredrik findet er Gleichgesinnte,  schwingt sich auf zum Führer seiner „Stadtguerilla“ und fühlt sich als Kämpfer für eine gerechte Sache, deren Zweck für ihn jegliches Mittel heiligt.

In dieser Figur thematisiert der Autor aktuelle Ängste und Strömungen, die derzeit besonders die westlichen Gesellschaften spalten. Er zeigt, wie und auch warum Fremdenfeindlichkeit und Gewaltbereitschaft steigen, wie versucht wird, die „Anderen“ durch eine entsprechende Wortwahl zu entmenschlichen um eventuelle Reste eines protestierenden Gewissens auszuschalten.

Das Geschehen rankt sich eng um die Hauptfiguren, die auf mich manchmal ein wenig schablonenhaft wirkten. Wobei die Betonung auf manchmal liegt, denn es gab immer wieder Momente, die mich sprachlich und inhaltlich berührt haben. Auch die Gedankengänge der „Terroristen“ und deren vermeintliche Logik schienen mir oft irgendwie simpel und plakativ,  aber ich kann mir vorstellen, das entspricht durchaus der Realität. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass der Autor den Inhalt auf das für ihn Wesentliche reduziert hat. Dadurch wirkt vielleicht manches etwas unausgegoren und nicht immer rundum glaubhaft, aber möglicherweise ist es auch tatsächlich so einfach. Mehr Information zu einzelnen Abläufen oder den Figuren hätte mehr Ablenkung von der Quintessenz bzw. Botschaft bedeutet, und gerade diese „Einfachheit“ macht sie griffig.

Der politisch gesellschaftliche Kontext spiegelt wider, was vor kurzem in Schweden bei der Wahl den Ausschlag zu Gunsten der Schwedendemokragen gegeben haben könnte. Nicht nur in Schweden wird die Atmosphäre zunehmend von Fremdenfeindlichkeit und Hass verändert, eine beängstigende Entwicklung.

Es beginnt spannend und bleibt spannend bis zum Ende, wobei der Spannungsbogen nicht geradlinig auf einen finalen Showdown zuläuft, sondern „unterwegs“ immer wieder Ausschläge nach oben hat, die einen atemlos durch die Seiten fliegen lassen.

Nicht nur ein megaspannender, sondern auch politischer Thriller, aktuell und brisant, der beleuchtet, was unsere Gesellschaften spaltet. Man begegnet Gewalt und Brutalität, aber auch Zivilcourage.

Ein starkes Debut eines noch jungen Autors, auf dessen weitere Bücher ich gespannt bin.