Rezension

aktuelles Thema, gute originelle Idee, verbesserungswürdige Umsetzung

Reality Show -

Reality Show
von Anne Freytag

Bewertet mit 3.5 Sternen

Die Idee ist gut, aber die Umsetzung hätte etwas knackiger sein können. Gesellschaftskritik zum Nachdenken

3,5 Sterne
2028: An Heiligabend nimmt eine Gruppe junger Menschen zehn der reichsten, mächtigsten und einflussreichsten Personen Deutschlands samt deren Anhang als Geiseln. Und präsentiert diese Personen als das Übel der Demokratie im Fernsehen in der "Reality Show", nennt deren Vergehen und bittet die Zuschauer um Abstimmung über deren Strafe.

Meine Meinung:
Der Schreibstil von Anne Freytag ist wieder kurz und knackig, die Sätze kommen einem manchmal abgehakt vor, doch ich mag diesen Schreibstil sehr.
Allerdings hat der Klappentext ganz andere Erwartungen bei mir geweckt, denn ich ging davon aus, dass den geheimen einflussreichsten und mächtigsten Personen im Fernsehen öffentlich der Prozess gemacht wird.
Doch zuerst einmal gibt es eine Einführung in das Leben der zehn überheblichen Reichen und wie diese Heiligabend verbringen. Man fühlt sich somit diesen Personen doch nahe, denn man lernt ihre Gedanken kennen und wie sie den Heiligen Abend verbringen: so wie viele andere Menschen, nur eben luxuriöser. Aber mit den gleichen bzw. ähnlichen Problemen wie Normalsterbliche: Angst um die Familie, Angst den guten Ruf zu verlieren, Angst ums Einkommen.
Nach und nach lernt man auch die Drahtzieher der Show kennen, aber zuerst nur mit wenigen Andeutungen.
Die vielen Sprünge und kurzen Kapitel haben bei mir leider nicht die Spannung gesteigert, im Gegenteil, ich war dann schon etwas genervt, weil auch Vieles wiederholt wird, und erst nach einem Drittel beginnt die eigentliche Show, die live im Fernsehen auf allen Kanälen übertragen wird (wovon ich ja eigentlich dachte, dass es im ganzen Buch darum geht).
Auch die Vergehen selbst fand ich eher nicht so fatal und wunderte mich, warum genau diese Personen ausgewählt wurden. Auch bekam man nur die "Verhandlung" von zwei Personen zu lesen, wo ich mich dann doch fragte, warum alle zehn so ausführlich vorgestellt wurden.
Doch was der eigentliche Grund der Show war, hat mich sehr nachdenklich gemacht.

Anne Freytag hat hier ein politisch- und gesellschaftskritisch-aktuelles Thema aufs Parkett gebracht und eindrücklich beschrieben. Die Politik-Überdrüssigkeit der Bevölkerung, denn die Stimmen der "Kleinen" werden nicht gehört, die Ängste der "Durchschnittsbevölkerung" werden nicht ernst genommen, und es wird nur in die eigene Tasche gewirtschaftet - denn: es ist keine Demokratie, sondern nur eine Regierung der wenigen Reichen zu deren Gunsten.
Ich bin nicht überzeugt, dass Selbstjustiz die richtige Lösung ist und das (zwar originelle) Handeln der Gruppe verurteile, doch soll dieses Buch zum Nachdenken anregen und das ist der Autorin gelungen.

Fazit:
Originelle Idee, wichtige politische und gesellschaftskritische Themen, doch die Umsetzung hätte für meinen Geschmack anders sein sollen. Bzw. der Klappentext dem Inhalt angepasst, denn dieser weckt andere Erwartungen.