Rezension

Alkohol verdirbt so vieles, auch Geschichten

Weißbier im Blut - Jörg Graser

Weißbier im Blut
von Jörg Graser

Ich bin bekanntermaßen ein großer Fan von Regionalkrimis, wobei mir speziell die gefallen, die in Bayern spielen. Da ich es nicht verwunderlich, dass ich bei diesem Buch sofort zugegriffen habe als ich es ertauschen konnte. Alleine vom Cover her sah es bereits vielversprechend aus und der Klappentext klang auch nicht übel.
Zunächst fand ich die Geschichte nicht schlecht. Der Leichenfund, die Hintergründe um den verschuldeten Hof, das klang durchaus nach einem brauchbaren Plot. Außerdem habe ich keine Probleme damit, wenn eine Hauptperson -hier der Kommissar- so seine Ecken und Kanten und Marotten hat. Gerade in diesem Krimigenre verleiht es den Geschichten oft etwas Uriges.
Doch von urig kann in diesem Falle nicht die Rede sein. Es sei denn, man erkennt die Niederbayern allesamt als Säufer an. Dafür wäre Kommissar Kreuzeder das ideale Aushängeschild. Nichts gegen einen Kommissaren, der gerne ein Weißbier trinkt, aber einer, der sich nahezu täglich wahlweise zuhause oder im Wirtshaus volllaufen lässt, das geht für mich (und sicher nicht nur für mich) gar nicht. Das hat weder mit urig, noch mit Ecken und Kanten etwas zu tun. Das hat mich sehr schnell einfach nur genervt. Nur zu gut konnte ich seinen Chef verstehen, der seinetwegen täglich auf 180 ist.
Leider ruiniert dieser sogenannte Kommissar so auch den Fall. Ich hatte nie den Eindruck, dass er mal ernsthaft Ermittlungen betreibt. Wie denn in dem Zustand? Und kaum hat das blinde Huhn durch Zufall mal ein Korn entdeckt, hat es auf der nächste Seite bereits schon wieder das alkoholische Äquivalent angesetzt. Dann versackt er um am nächsten Tag mit nicht wenig Restalkohol dem nächsten Korn nachzuspüren.

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Taschenbuch-Ausgabe ab 02.2014

Das hat bei mir hinsichtlich des Falls einen sehr zerrissenen Eindruck hinterlassen. Da kam weder Spannung auf, noch empfand ich es als eine flüssig erzählte und logische Handlung. Und sowas ärgert mich einfach! Anti-Held hin oder her! Die weiteren Charaktere sind ebenfalls nicht gerade solche, über die man gerne liest. Der cholerische Wirtshausbesitzer, der die Geschäftsbelange seiner Angestellten vorzugsweise auf der horizontalen Ebene “diskutiert”, die heruntergekommende Kellnerin, die sich für kaum etwas zu schade ist, und auch die Psychologin, die man Kreuzeder zur Seite stellt, hat selber einen ordentlichen Hau. Rückblickend fällt mir keine Figur ein über die ich gerne gelesen habe. Dass am Ende noch eine Bande aus Tschechen, Albanern und Russen mitmischt, die scheinbar mit dem Geschehen im Dorf zu tun hat, das hätte ich ebenfalls so gar nicht gebraucht. Irgendwie wirkt das absolut unglaubwürdig angesichts des Bildes, das hier vom Ort Rechenbrunn gezeichnet wird. Als hätte die Mafia es auf solche Kuhkaffs abgesehen! Man kann es auch übertreiben.

Wenigstens liest sich dieses Buch leicht und zügig. Tiefschürfendere Passagen hätte ich kaum ertragen. Und bei einigen Dialogen musste ich sogar auch mal lachen. Das erleichtert die Lektüre ebenfalls, einfach weil ich immer hoffe, bald wieder Gelegenheit zum Lachen zu haben. Die gelegentlichen Sätze im Dialekt verdeutlichen, wo die Geschichte spielt. Und die Kapitel sind mehr als appetitlich kurz. Selten braucht man dafür mehr als zweimal umblättern. Da ist man schnell durch.

Wie gesagt gefiel mir das Cover. Mit dem karierten Tuch, dem Schild und der Flinte wird sofort klar, wo dieser Krimi spielt. Wenn das so gut gemacht ist wie hier, dann mag ich es, wenn man dem Cover sein Genre sofort ansieht. Im Februar 2014 erscheint übrigens die Taschenbuch-Ausgabe. Die hat erstens ebenfalls ein schönes Cover und zweitens einen angemesseneren Preis.  € 14,99 finde ich für die 200 Seiten der Hardcover-Ausgabe sehr happig.

Fazit:   Der versoffene und abgewrackte Kommissar Kreuzeder hat mir diesen Krimi gänzlich verleidet. Dabei hätte man aus dem Fall durchaus etwas machen können, da bin ich sicher. Aber durch seine ständigen Abstürze zwischendrin kam mir die Krimihandlung total zerrissen vor. Zudem gab es nicht einen einzigen Charakter, mit dem ich mich anfreunden konnte. Ich war froh als ich das Buch durch hatte.