Rezension

Alle Macht dem Volke?

Marthas Widerstand - Kerry Drewery

Marthas Widerstand
von Kerry Drewery

Zum Inhalt:
In einer möglicherweise nicht allzu fernen Zukunft entscheiden nicht mehr Richter und Gesetze über einen mutmaßlichen Mörder. Begleitet von einer Gerichtsshow darf das Volk wählen, wer lebt und wer stirbt. Die 16jährige Martha gerät in die Mühlen dieser Justiz, als sie mit der Pistole in der Hand neben der Leiche eines großen Wohltäters festgenommen wird und den Mord an dem Mann gesteht.

Mein Eindruck:
Aus mehreren Perspektiven entwickelt Drewery ihr packendes Drama um Recht und Gerechtigkeit, um Schein und Sein. Denn der geneigte Fernsehzuschauer glaubt daran, dass jeder Bürger gleich ist und seine Stimme entscheiden kann, vernachlässigt aber den Umstand, dass die Anrufe zur Urteilsfindung teuer und reichere Menschen dadurch gleicher als andere sind. Zum Teil subtil, zum anderen Teil ganz offen wird das Stimmvolk im Sinne der Macher beeinflusst – Brot und Spiele wie im alten Rom, aber mit den multimedialen Möglichkeiten unserer Zeit. Die Vision der Autorin macht einen an manchen Stellen fassungslos, - auch dem Umstand geschuldet, dass einem Vieles schon sehr bekannt vorkommt und daher gar nicht so unwahrscheinlich erscheint.
Der Schreibstil ist nicht besonders kompliziert, handelt es sich bei „Marthas Widerstand“ doch um ein Jugendbuch, die Figuren sind zum großen Teil ein wenig stereotyp gut oder schlecht mit wenig Zwischentönen gezeichnet - abgesehen von einer Nebenfigur, die möglicherweise im weiteren Verlauf der Trilogie an Format gewinnen könnte.
Die Perspektivwechsel und die kurzen Kapitel fördern die Spannung und lassen die Seiten wie von selber weiterblättern, der Schluss lässt genügend Fragen für die Fortsetzung offen. Das Einzige, was zu bemängeln wäre, ist die etwas uninspirierte Liebesgeschichte in der Art von Romeo und Julia – möglicherweise ist dieser Umstand der angestrebten Zielgruppe geschuldet. Seit „Tribute von Panem“ oder „Die Bestimmung“ findet auch ein älteres Publikum an Dystopien mit jugendlichen Helden Gefallen und so hätte Drewery diese Beziehung entweder mit mehr Substanz füttern müssen oder eine andere Form wählen sollen.

Mein Fazit:
Erschreckendes Szenario mit gewisser Wahrscheinlichkeit

4 Sterne