Rezension

Alle Namen führen nach Mexiko

Wer ist B. Traven? - Torsten Seifert

Wer ist B. Traven?
von Torsten Seifert

Bewertet mit 3 Sternen

Es gibt da bei mir so ein Phänomen beim Lesen von Namen. Ich sehe die Buchstabenfolge und höre deren Klang in meinem Kopf. Wenn ich dann später Freunden von dem tollen Buch und dem Titelhelden oder Superschurken erzählen will, fällt mir plötzlich auf, dass der Name ausgesprochen ganz anders klingt als in meinem Kopf. Das passiert mir relativ häufig. Manchmal interpretiere ich auch den Autorennamen etwas falsch und bin überrascht, wenn der vermeintliche Autor sich plötzlich hinten im Klappentext als Autorin entpuppt. Manchmal gibt es auch die Information, dass der angegebene Name ein Pseudonym ist. Das kann ja ganz spannend sein, zumindest historisch betrachtet. Dass die Brontë-Schwestern unter männlichem Namen veröffentlichen, um überhaupt veröffentlichen zu können oder Erich Kästner während der Nazi-Zeit unter einem Pseudonym schreibt, um das gegen ihn gerichtete Publizierungsverbot zu umgehen. So richtig fängt mich das Thema allerdings nicht, im Vordergrund steht bei mir eher die Lektüre und die lese ich am liebsten selbst. Zu Lesungen gehe ich zum Beispiel eher weniger, den Autor im echten Leben zu treffen, reizt mich nicht. Ich lese lieber alle seine Bücher, wenn sie mir gefallen.

Manchmal ist die Geschichte um ein Pseudonym aber so spannend, dass daraus ein ganzer Roman werden kann. Torsten Seifert legt da wesentlich mehr Neugierde und Leidenschaft für Pseudonyme an den Tag als ich und ist einer spannenden Spur quer durch die Welt gefolgt. B. Traven ist das Pseudonym eines deutschen Schriftstellers in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Unter Literaturwissenschaftlern scheint die Enthüllung seines wahren Namens äußerst umstritten, zumal er verschiedene Pseudonyme verwendet hat, nach Mexiko ausgewandert ist und von dort veröffentlichte. Seiferts Roman spielt in den späten 1940er Jahren. Die Amerikaner sind auf B. Traven aufmerksam geworden. Nicht zuletzt weil Humphrey Bogart gerade einen Film dreht, dessen Grundlage ein Roman von Traven ist. Der junge Reporter Leon erhält den Auftrag seines Chefradakteurs sich auf die Suche nach dem Geheimnis um B. Traven zu machen und sieht sich unversehens am Filmset mit Bogart Schach spielen. Die Entschlüsselung des Geheimnisses bringt ihn allerdings im Verlauf des Romans auch in zahlreiche unangenehme bis lebensbedrohliche Situationen.

Die Geschichte um B. Traven als Grundlage für einen Roman anzulegen ist eine gute Idee, und auch die Umsetzung ist ganz gut gelungen. Besonders hat mich beeindruckt, wie spielend Torsten Seifert die ganze Welt in seinem Buch einbindet und zeigt, wie verknüpft auch damals die Strippen von Kontinent zu Kontinent waren – weit vor all unseren heutigen technischen Möglichkeiten. Vor allem wird sehr deutlich, welch eine Wanderungswelle in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufgrund der Weltkriege und ihrer politischen Wirren und Verfolgungen durch die Welt ging. Die neue Welt auf dem amerikanischen Kontinent wurde zur Heimat vieler, die in der alten Welt, im schwierigen Europa keine Zukunft mehr sahen.

Tatsächlich konnte mich allerdings die Suche nach der Geschichte hinter dem Namen B. Traven nicht wirklich packen. Leons Motivation war mir zuweilen unklar und teilweise haben sich mir einige Erzählelemente nicht ganz erschlossen. Vielleicht wurde im Verlauf der Handlung die Spannung zu sehr aufgebaut, die große Erwartungen an das Lüften des Geheimnisses schürten und schließlich nicht erfüllt wurden – zumindest in meinen Augen nicht. Dennoch, Torsten Seifert kann erzählen, das steht außer Frage. Vielleicht packt mich sein nächstes Thema dann einfach mehr.