Rezension

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Aller Anfang ist schwer

Die Mädchen von der Englandfähre - Lone Theils

Die Mädchen von der Englandfähre
von Lone Theils

Die halbe Punktzahl für die eine Hälfte des Romans, für die andere besteht noch viel Luft nach oben...

Der Auftakt zur Krimi-Reihe der dänischen Journalistin Lone Theils rund um die fiktive Kollegin Nora Sand beginnt eher holprig und lässt vor allem mit dem Ende dieses Romans noch viel Luft nach oben.

Nora Sand, Journalistin für den Globalt, schreibt das, was sie für schreibenswert hält: über Kriegsgeschehnisse, manchmal auch Nachrufe für wichtige Persönlichkeiten, und dieses Mal über einen Kriminalfall in England, der schon mehrere Jahre zurück liegt und eigentlich als abgeschlossen gilt.
Als Nora nämlich einen Koffer mit Bildern von Mädchen ersteht und dann zufällig auch noch über einen Bestseller über die grausamsten Mordfälle der jüngsten Zeit stolpert und dort von dem Serienmörder Bill Hix liest, lässt sie das ungute Gefühl nicht mehr los, dass es eine Verbindung zwischen dem verurteilten Mörder und den Bildern geben muss und beginnt zu ermitteln. Dabei erleichtern ihre zahlreichen Kontakte ihr die Suche nach Hinweisen, allerdings gibt es auch genug Menschen, dir ihre Arbeit erschweren, allen voran ihr Jugendfreund Andreas. Und wie sollte es anders sein: Schließlich findet sich Nora in einer Situation wieder, in der nicht nur ihr Liebesleben völlig durcheinander gerät, sondern auch ihr Leben auf dem Spiel steht.

Was sich auf den ersten Blick vielleicht spannend liest, kann nicht ganz über die Klischees hinweg täuschen, die der geübte Krimi-Leser bei dieser Zusammenfassung bereits wittert und die sich leider auch nicht zu knapp im Roman finden lassen.
Nachdem eine sympathische Protagonistin eingeführt und ein spannender Fall gefunden wurde, wurde die Begeisterung bereits mit dem Auftauchen des einstigen Jugendfreundes Andreas, der damals zwar abgewiesen wurde, nun aber gar keine schlechte Figur macht, ordentlich gedämpft. Zu Beginn ist es noch eine Freude, Nora bei der Arbeit zu begleiten: Die Art und Weise, wie sie ihre Recherche beginnt, welche Quellen sie anzapft und in wie viele verschiedene Richtungen sie ihre Fühler ausstreckt, um einen Überblick über den Fall zu erhalten und auch ein Gefühl für eine Story zu bekommen. Dabei ist bereits an dieser Stelle der Zufall ihr ständiger und zuverlässigster Begleiter - und als Leser wird man das Gefühl nicht ganz los, dass sich alles schon irgendwie ziemlich einfach und viel zu gut für sie fügt. Spätenstens ab der Mitte des Romans nimmt die Spannung dann aber kontinuierlich ab. Jede Begebenheit bzw. Wendung, die Gespräche und Figurenbeziehungen wirken stark konstruiert, sodass man nie ganz vergisst, dass man einen Roman liest, statt sich völlig in ihm zu verlieren. Hinzu kommt, dass die übrigen Figuren um Nora, angefangen bei dem polizeilichen Ermittler Spencer bis hin zu Bill Hix, statisch und damit bloß wie nicht weiter erwähnenswerte Nebencharaktere wirkten. Stattdessen erhielt man ausreichend Einblick in Noras verwirrende Gefühle für Andreas, die sogar den Fall zu überschatten scheinen.
Das Ende versucht diesen Mangel an Krimi dann doch noch zu kompensieren und konstruiert einen Showdown, der jeden Mission Impossible-Film Konkurrenz machen könnte, zum Beginn des Buches aber nicht recht passen mag und darüber hinaus auch noch viele Fragen ungeklärt lässt.

Als Auftakt kann der Krimi vielleicht noch als solide erachtet werden, der am Schluss zwar nicht mehr durchweg überzeugen konnte, aber möglicherweise noch viel Luft für Figurenentwicklung und Fallkonstruktion nach oben lässt. Und wer neben Krimis auch gern Liebesromane liest, für den ist dieser Roman genau das Richtige.