Rezension

Alles aus einem Guss

Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim - Jonathan Coe

Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim
von Jonathan Coe

Bewertet mit 4 Sternen

Maxwell Sim ist einsam, seine Frau hat ihn verlassen, die Tochter wird langsam flügge, der Vater, ein sonderbarer Verse-schreibender Lyrikkauz, dessen Geheimnisse später gelüftet werden, ist nach dem Tode der Mutter nach Australien gezogen, wo der depressiv, antrieblose Max ihn besucht. Ein ungewöhnliches Unterfangen für ihn, der eigentlich nur noch Facebookbekanntschaften pflegt, nachdem er auch seinen letzten Schulfreund vergrault hat. Nach dem fast sprachlosen Verwandtschaftsbesuch Down-Under ist Max erst einmal richtig zum Plaudern zu Mute und so labert er im Flugzeug ins heimatliche England seinen Sitznachbar zu, der daraufhin leider das Zeitliche segnet. 

Daheim angekommen wird Max auf eine Werbekampagne eines Ökozahnbürstenherstellers aufmerksam gemacht. Vier Personen sollen in die entlegensten Regionen des Königreiches fahren, um das Heil biologisch einwandfreien Borstenmaterials zu verkünden. Begleitet wird Max einzig von seinem Navigationsgerät Emma, in das er sich alsbald innig verliebt. Begleitet wird er von der Vergangenheit, die er unterwegs zu klären versucht, so sie ihn denn einholt. So trifft er seine Exfrau Caroline, der es inzwischen gut wie nie geht, seiner Blackberry vertieften Tochter und einem kruden Haufen Einheimischer, unter denen sich Maxwell Sim wie ein Fremdkörper vorkommt. Einzig seine Fast-Exfreundin Alison verspricht ein bisschen Hoffnung für den frustrierten Helden...

Meinung:

Auf den ersten etwa einhundertfünfzig Seiten hat mich das Buch nicht besonders begeistern können. Klar, es ist sauschwer einen derart antriebsschwachen Charakter einzuführen, wie Maxwell Sim, der sich selbst sein Handy einfach widerstandslos wegklauen lässt. Aber auch der etwas hausbackene Schreibstil sorgt für weinig Unterhaltungswert in der Anfangsphase wohl gemerkt, nachher läuft der Roman wesentlich besser, teilweise brilliant. Aufregend über die gesamte Länge, ist vor allem die unglaubliche Ideenvielfalt des Autoren. Es wird nach und nach deutlich, wie die psychische Verfassung von Maxwell Sim zustande gekommen ist und tatsächlich kommt dann eine grosse Wende, die viel mit seinem Vater zu tun hat und der Kreis schliesst sich tatsächlich. Die unendlichen Ideenströme fliessen am Ende zu einem logischen Ganzen zusammen. Einem Ende, vor dem der Leser mit einer Mischung aus Faszination und Achtung steht. Maxwells Sims Geschichte ist tragikkomisch, ironisch und erbarmungslos, was seinen Helden angeht. Ich bin zwar nie wirklich mit Max warm geworden, aber was die Story angeht: Hut ab!