Rezension

Alltag & Rassismus

Drei Kameradinnen -

Drei Kameradinnen
von Shida Bazyar

„Die weltoffene Metropole aber ist jetzt der Ort, an dem du deine Sprache leise sprichst, dein Dragoutfit erst im Taxi anziehst, deine Kippa zu Hause lässt. Die weltoffene Metropole hat gesagt, „Fickt euch, ihr Versager, so haben wir nicht gewettet“, hat ein paar Autos in einem südöstlichen Bezirk angezündet und ist weggegangen. Wohin hat sie nicht verraten, sonst würde ich ihr hinterhergehen.“

 

Kasih, Saya und Hani sind Freundinnen seit Kindheit: gemeinsam aufgewachsen in einer unterprivilegierten Siedlung am Rande der Stadt. Trotz unterschiedlicher Lebensentwürfe und Persönlichkeiten verbunden durch die gemeinsame Migrationsgeschichte der Eltern und eine Lebensrealität, die sich signifikant von der der weißen Mehrheitsgesellschaft unterscheidet.

„Drei Kameradinnen“ zeigt das Leben der drei Freundinnen über den Verlauf einer knappen Woche und die Ereignisse, die letztendlich den Zeitungsartikel zu Beginn des Buches bedingen sollen: „Jahrhundertbrand in der Bornemannstraße. Aggressiv und verblendet: Saya M. hat sich radikalisiert und die Welt schaute zu.“

 

„Drei Kameradinnen“ von Shida Bazyar ist ein Buch, das ich aus so vielen Gründen am liebsten allen ans Herz legen möchte.

„Biodeutschen“ und Weiß(-gelesenen), die weitgehend unbehelligt ihrem Alltag nachgehen können, ohne die Welt, in der sich Bayzars Protagonistinnen behaupten müssen, auch nur zu streifen. Menschen meines Alters und meiner Herkunft, die sensibilisiert sind, was (Alltags-)Rassismus betrifft und sich doch nicht vorstellen können, welche kulturellen Minenfelder ein Abiball mit sich bringt.

Allen, die sich mal wieder ein Buch/eine Erzählung wünschen, die einfach anders ist. Mit Kasih hat Shida Bazyar eine extrem unzuverlässige Erzählerin geschaffen. Eine Erzählerin, die abschweift, eine Erzählerin, die zwischendurch einfach aufsteht und zum Späti geht, eine Erzählerin, die ihr Publikum anklagt und herausfordert und gleichzeitig selbst Zweifel an ihrer Verlässlichkeit aufwirft.

Letztendlich sei dieses Buch hiermit allen ans Herz gelegt, die auf der Suche nach einem Buch mit Sog sind, einem Buch, das auch nach der letzten Seite festhält oder einfach einem Buch, das die eigene Welt ein wenig weiter macht.