Rezension

Alltagsgeschichten neu verknüpft

Deine Mutter war ein Fisch - A. M. Homes

Deine Mutter war ein Fisch
von A. M. Homes

Bewertet mit 3 Sternen

Kurzmeinung: Ungewöhnliche Blickwinkel. Dialoglastig. Muss man mögen.

In die Stories von A.M. Homes fällt man hinein: es ist wie ein Sturz aus einem Fenster, drei Meter überm Grund. Kein Vorlauf. Plötzlich. Man weiß nicht, wer wer ist und wo man ist und um was es sich dreht. 

Die Themen sind vielfältig, aus dem modernen Leben gegriffen, dabei neu, beziehungsweise ungewöhnlich kombiniert. Da geht es einmal um Geschwisterneid, danach um einen Kriegsberichterstatter und eine Autorin, die beide auf ihre Weise das Leid zum Thema ihres Lebens gemacht haben. Diese Geschichte zum Beispiel geht unter die Haut. Sind es doch die Fragen nach der ethischen Vertretbarkeit derartiger Berufe, die sich jeder einmal stellt. 

In einen Chatroom der Wellensittichezüchter hat sich jemand mit Lebensfragen verirrt. Ein Dialog beginnt, den alle interessanter finden als die „doofen Wellensittiche“. Dann geht es um das unrühmliche Ende einer langjährigen Ehe oder um den Besuch beim Psychiater, der gleichzeitig der Liebhaber der Mutter ist.

 In der Kurzgeschichte „Deine Mutter war ein Fisch“ wird es surreal - diese Story hab ich nicht verstanden -, der Besuch eines erwachsenen Scheidungskinds in Disneyland verstört, ein Einkauf im Supermarkt mündet unerwartet in einen Wahlkampf um die Präsidentschaft, man begegnet einem sich entfremdeten Paar, das sich aber nicht trennt, eine verleugnete Einwanderergeschichte ist sicher typisch und befremdlich, aber auch unendlich langweilig und zum Schluss werden wir mit der Apparatemedizin und dem Tod durch Bulemie konfrontiert. 

Fazit: Allen Geschichten ist eigen, dass sie die Absurdität des everydaylife als Thema haben, der jeweilige ungewöhnlichen Blickwinkel gefällt, doch stoßen die einzelnen Stories in ihrer Virtuosität an Grenzen. Es gibt kaum Schilderungen, es entsteht keine Atmosphäre, alles lebt vom Dialog und ist unterm Strich zu wenig für die geniale Kurzgeschichte. 

Kategorie: Kurzgeschichte(n)
Verlag: Kiepenheuer & Witsch, 2020