Rezension

Als Nicht Thriller Fan fand ich es doof

So schöne Lügen - Tara Isabella Burton

So schöne Lügen
von Tara Isabella Burton

Bewertet mit 1.5 Sternen

"Sie machen beide Flaschen Champagner gleich oben auf der High Line nieder, allein mit den Sternen über ihnen... Sie trinken, und Lavinia erzählt Louise von all den Städten, in die sie zusammen reisen werden, wenn sie ihre Texte fertig haben, wenn sie beide grosse Schriftstellerinnen sind - alle beide: Nach Paris und Rom und nach Triest, wo James Joyce gelebt hat, nach Wien, um all die Bilder zu sehen, zum Karneval nach Venedig. 
Lavinia wird nirgendwohin reisen.
Sie wird bald tot sein."

Worum es geht: 

Louise ist Ende Zwanzig und kämpft mit 3 Jobs ums Überleben in New York. Sie kriegt alles hin, hauptsache sie kann bleiben und muss nicht zurück zu ihren Eltern. Als sie Lavinia kennenlernt, eine hippe 22Jährige mit mehr Geld als ihr guttut und einer bezahlten Wohnung in Manhattan, kann sie ihr Glück kaum fassen. Lavinia mag Louise und erklärt sie kurzerhand zu ihrer neuen BFF. Louise wird überall hin mitgeschleppt: Parties, Oper, Ausflüge. Kleider, Eintritt, Gedränke? Zahlt Lavinia, zumindest solange wie Louise ihre Rolle spielt und brav allem zustimmt was Lavinia verlangt. Nach und nach verliert Louise die Kontrolle über ihr Leben, ihre Jobs und Lavinia. Doch ein Unfall verändert alles.
   
Meine Meinung: 

"Ihr und ich, wir kennen natürlich die Wahrheit. Wir wissen, wie einfach sich so was faken lässt... Aber jemand wie Louise weiss das nicht. Noch nicht. Louise ist glücklich wie nie." 

Grosse Überraschung für alle die meinen Blog ein bisschen verfolgen: ein Thriller hat es zu mir geschafft! 
Wobei mir das Anfangs gar nicht klar war. Das Cover war so schön! Und es wurde als Gesellschaftskritik angepriesen. Erst später kam der Vergleich mit Gone Girl und Der talentierte Mr Ripley.
Doch ich wollte dem Buch eine Chance geben, es mal an einem bisschen spannenderen Buch versuchen.
Tara Isabella Burton hat den perfekten Stil für den Roman gefunden. Vielen wird er nicht gefallen. Sie spricht mit dem Leser, zieht ihn ins vertrauen. Wir wissen was was Louise noch nicht weiss. Was Lavinia noch nicht weiss. Wir wissen alles, oder zumindest werden wir nach und nach mit den Geschehnissen eingeweid. Oft kritisiert, fand ich den Stil erfrischend, passend, und würde nur deswegen gerne ein weiteres Buch der Autorin lesen. 
Louise ist die Bezugsperson, die mit der man sich anfangs identifizieren kann. Welcher Leser hat schon unbegrenzt Geld, die Top der Elite aus New York als Freunde und Eltern die einem das New Yrker Szeneappartement finanzieren? Ich weiss die gibt es sicherlich auch, aber ich verallgemeinere hier mal und behaupte die meisten Leser werden Louise's Standpunkt eher erkennen. Arm, mit 3 Jobs in einer Bruchbude, trotzdem immer am Limit. Durchschnittlich aussehend. 
Die Freundschaft zu Lavinia und deren Bereitschaft Louise aufzunehmen und einzuführen in die "bessere" Gesellschaft bringt auch neue Seite in Louise zum Vorschein. Aber sind es neue? 
Je mehr ich gelesen habe, desto mehr hab ich Louise angezweifelt, bis man es nicht mehr ignorieren kann. Ungefähr in der Hälfte wird klar, mit Louise stimmt was nicht. Ihren Ex geblockt und mit passend platzierten Flashbacks glaubt man ihr ursprünglich noch, dass er der gefährliche des Paares war und sie froh sein kann ihm entkommen zu sein. Doch je weiter der Roman voranschreitet, desto öfter echote Virgil's "Louise du bist IRRE" Aussage in meinem Kopf. 
Wie Irre ist Louise? 
Ein Satz der bei mir hängen geblieben ist, ist: "Lavinia war immer nur Nett zu Louise". Man hat die ganze Zeit erwartet, dass Lavinia irgendwannbitchy wird, Klischee Szene halt Louise verarscht oder auslacht oder anders fertig machen wird. Weil sie sich als so viel besser empfindet. Nichts da, Lavinia hat zwar ihre Momente, aber grundsätzlich ist sie wirklich das, auf ihre Art nett zu Louise.
Alles liegt im Auge des Betrachters. So dauerd es auch hier bis man die Schichten alle durchgearbeitet hat. Nach und nach herauszufinden, was alles in Louise steckt. 
Lavinia ist aber auch anstrengend und erwartet recht viel von ihren "Freunden". Louise hat besser zu allem Ja und Amen zu sagen, ansonsten könnte Lavinia sich recht schnell eine andere BFF suchen. Hier wird schnell klar, dass Lavinia zwar Louise als Freundin mag und bei sich haben will, Louise aber immer nur wegen der Vorteile bleibt. Ihre Ängste Lavinia's Gunst zu verlieren sind alle nur gekoppelt mit den Parties, den Kleidern, der Wohnung, nie mit der Angst Lavinia als Person zu verlieren. 
Alles und jeder wird natürlich auf Social Media geteilt und ständig wird ein Gespräch unterbrochen oder beendet mit "Lass mal Selfie machen", das wichtigste in Lavinias Leben. Lustigerweise kommt dann der Satz "Sie hat 26 Likes bekommen, ALLE haben es geliked" ehm jio... 26? Für so einen Social Media Menschen wie Lavinia hätte ich mir paar Tausend Likes erwartet... 
Ich muss zugeben, ab der Hälfte, nach den Oberflächlichkeiten und der etablierten Freundschaft, nach Streit und dem grossen Wendepunkt der Handlung dachte ich bis zum Schluss nur noch: "Was für ein Blödsinn." 
Dieser Gedanke blieb und wurde mit dem Ende des Buches nur noch lauter. 

Die Figuren sind alle so stark Ich-bezogen und hedonistisch, dass es nach Louise's Wandlung keinen mehr gibt, welchen man sympatisch findet. Die letzten Seiten waren spannend und ich wusste bis zum Schluss nicht welches Ende mich erwarten würde, das war gut. Auch war ich teilweise echt angeekelt von der Skrupellosigkeit. Ich bin kein Fan von Thriller und Krimistories, dies könnte ein grosses Problem sein. Meine Meinung ist daher wohl kaum hilfreich aber Wow was für ein Blödsinn... 

"Es gibt Dinge, die ein Mensch besser nicht wissen sollte. Den Tag und die Uhrzeit des eigenen Todes zum Beispiel, oder ob du mit deiner eigenen Mutter schlafen und deinen Vater ermorden wirst. Es gibt Voraussetzungen dafür, dass Menschen in dieser Welt als soziale Wesen funktionieren können, und eine der wichtigsten davon ist, dass intelligente Menschen die Antworten auf viele Fragen gar nicht erst wissen wollen."

Ich habe das Leseexemplar als Austausch zu einer ehrlichen Rezension erhalten. Herzlichen Dank an den Dumont Verlag.