Rezension

Alte Wunden

Pandora - Liv Amber, Alexander Berg

Pandora
von Liv Amber Alexander Berg

Bewertet mit 5 Sternen

Historische Kriminalromane, die sich mit unserer jüngeren Geschichte beschäftigen, gibt es viele, aber nur wenigen gelingt es, die gesellschaftspolitische Realität in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg so authentisch abzubilden, wie dem Autorenpaar Amber & Berg in dem Auftakt ihrer neuen Krimireihe, die in Berlin (im Jahr 1948) verortet ist.

Im Zentrum steht der junge Kommissar Stein, der in dem neugegründeten Polizeipräsidium West Dienst tut. Sohn eines Emigranten, der zurück in einer Stadt ist, die die Schrecken des Krieges noch nicht verdaut hat, in Ost- und Westsektoren gespalten, was sich auch in der Etablierung unterschiedlicher Polizeipräsidien manifestiert, die aus politischen Erwägungen heraus gegründet werden.

Von seinem Kollegen Wuttke wird er misstrauisch beäugt, ist Stein doch der „Duke“, der Ex-Londoner, ausgebildet von Scotland Yard. Lore Krause hingegen, Schreibkraft in der Friesenstraße, ist voller Bewunderung, bezieht er sie doch in die Fälle mit ein. Dass sein Vorgesetzter, Polizeirat Krüger, alles daran setzt, ihn wieder los zu werden und deshalb seine Arbeit sabotiert, wird ihm spätestens bei seinem ersten Mordfall klar. Als Akten verschwinden, keimt in Stein allmählich der Verdacht auf, dass er einer weit größeren Sache als einem Mord auf der Spur ist, die zurück in die Zeit des Nationalsozialismus reicht. Und dass er es mit einflussreichen Personen zu tun hat, die für die Sicherung ihrer Positionen über Leichen gehen.

Wir begleiten Kommissar Stein durch das zerbombte Berlin, sehen die offenen Wunden der Stadt, den Mangel überall und das Streben der Menschen, die Kriegsgräuel zu vergessen, den Alltag neu zu organisieren, wieder Normalität einkehren zu lassen.

Es ist eine glaubhafte Geschichte, sind uns doch allen die Verbrechen des Nationalsozialismus bekannt. Aber wir wissen auch um die „Persilscheine“, die im Zuge der Entnazifizierung ausgestellt wurden, mit denen Kriegsverbrecher reingewaschen und in hohe Ämter (wie beispielsweise Bundeskanzler oder Ministerpräsident) gespült wurden.

Spannender Beginn einer neuen Reihe, die mit sympathischen Protagonisten und authentischem Zeitkolorit punktet, und die ich mit Sicherheit weiterverfolgen werde. Lesen!