Rezension

Am Ende landen wir alle in China

Playground - Leben oder Sterben - Lars Kepler

Playground - Leben oder Sterben
von Lars Kepler

Bewertet mit 3 Sternen

Der PIPER Verlag ordnet den Roman des Autorenpaares Ahndoril in der Ecke Krimi/Thriller ein und verpasst ihm ein Etikett, welches nicht so ganz zutreffend scheint. Immerhin spielt sich ein großer Teil des Handlung im Totenreich ab – eher unüblich für einen klassischen Krimi. Die Hauptfigur Jasmin ist ehemalige Soldatin und überlebt einen Einsatz im Kosovo nur haarscharf. Seitdem wird sie von der Vorstellung geplagt, dass das Totenreich wie China aussieht und es dort keine Gerechtigkeit gibt, weil die Mafia auch dort ihre Finger mit im Spiel hat. Jasmin sollte allerdings lieber nicht laut über diese Erfahrung sprechen, die lebendigen Menschen in der realen Welt reagieren auf ihre Theorie mit viel Unverständnis und Jasmin droht sogar die Psychiatrie. So schweigt sie und versucht nach dem Ende ihrer militärischen Laufbahn ein normales Leben zu führen, sie wird schwanger, arbeitet als Sekretärin und alles scheint sich zu ordnen, bis ein Autounfall mit ihrer Mutter und dem fünfjährigen Sohn sie zurück in die chinesische Totenstadt bringt und die Mafia es besonders auf die jungen Reisenden abgesehen hat, die auf der Schwelle zwischen Leben und Tod stehen. Der Wettlauf zwischen Leben und Tod entspinnt sich im Totenreich und kann nur dort entschieden werden.

In Erwartung eines klassischen Krimis war die Überraschung groß, als sich die eigentliche Handlung in das Schattenreich verlagerte. Persönlich bin ich ja eher Fan von Fantasyliteratur als von Krimis und finde die Idee vom chinesischen Übergang vom Leben ins Jenseits ganz amüsant bis spannend. Besonders die Theorie, dass die chinesische Hochkultur ihren Ursprung aus eben jenem Schattenland und ihren Rückkehrern daraus haben könnte. Der Jenseitsgedanke interessiert seit jeher die Menschen und es gibt diverse Theorien. In vielen dieser Gedanken spielt die Fahrt auf dem Fluss, der das Reich der Lebenden von den Toten trennt eine wichtige Rolle. Einmal übertreten ist die Wiederkehr ausgeschlossen. Was aber passiert mit den Menschen, die nicht ganz hinübergehen und in der Realität nur wenige Minuten physisch tot waren. Was erleben sie auf der anderen Seite, wieviel bringen sie aus dem Schattenreich mit in ihr altes Leben? Das sind interessante Fragen, die einem auch nach der Lektüre nicht so schnell aus dem Kopf gehen. Schade, dass sich auf diese Fragen nicht stärker konzentriert wurde, sondern das Hauptaugenmerk auf dem actiongeladenen Kampf zwischen Jasmin und der vermeintlichen Mafia im Schattenreich liegt. Was in einem Samstagabendfilm nach 22 Uhr sicher super beim Publikum ankommen würde, ist mir für einen Roman einfach zu flach. Nicht alle Komponenten passen schlüssig zusammen und die Beweggründe der Figuren wirken nicht an allen Stellen tatsächlich authentisch, sondern schlicht für die Handlung inszeniert. Die Zutaten für diesen Roman sind mir einfach zu profan – man nehme eine taffe weibliche Kämpfernatur mit ausgeprägtem Mutterinstinkt, ein bisschen Erotik hier und da, ansonsten sollte sie eher verschlossen sein, weil dann die kleine romantische Liebesgeschichte im Jenseits besser wirkt. Dazu eine ordentliche Prise der üblichen Klischee-Fieslinge und eine Challenge auf Leben und Tod, die für die nötige Spannung und Handlung sorgt. Dass letztere dann natürlich ein bisschen vorhersehbar wird, merkt bestimmt keiner, wenn man es zwischendrin ein bisschen menscheln lässt. Dieses Prinzip ist der Grundpfeiler in jedem Actionstreifen – aber literarisch funktioniert es für mich nicht. Kompositorisch und auch sprachlich wäre hier wesentlich mehr möglich gewesen.